Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

der dritten Koalition, an dem Sachsen nicht teilnahm, 
leisteten die süddeutschen Mittel- und Kleinstaaten dem Kaiser 
Napoleon Heerfolge wider das Oberhaupt des sterbenden 
Reichs. Am 12. Juli 1806 unterzeichneten in Paris sech- 
zehn deutsche Fürsten die Rheinbundsakte und sagten sich 
damit von Kaiser und Reich los. Franz II. legte die Kaiser- 
krone Karls des Großen am 6. August 1806 nieder. Was 
einst die Welt überstrahlt hatte mit Glanz und Ruhm, was 
einst das Sinnbild gewesen war von Stärke und Ordnung, 
dad war von Deutschen selbst auf Wunsch der Feinde zer- 
trimmert. Unter dem Hohne des Auslands sank es in 
Schmach dahin. 
Die Napoleonische Zeit 
Nun hatten Fürsten und Staaten Freiheit und völlige 
Selbständigkeit, kein kaiserlich Banner wehte mehr über 
dem ihren, nur ihr Wille war „souverän“, das war das 
Schlagwort, dem zuliebe man sich ohnmächtig gemacht hatte. 
Freilich viel Sonnenschein fiel nicht auf die neue Freiheit: 
schon stand am westlichen Himmel ein drohendes Un- 
gewitter, und ferne Donnerschläge störten die Freude. Dazu 
war man, wie sich bald herausstellte, der neuen Selb- 
ständigkeit weder durch außere Macht noch durch innere 
Stärke gewachsen. Es war kein Widerstand möglich, als 
Napoleon von den bei all ihrer Souveränität ihm hörig ge- 
wordenen deutschen Fürsten Heeresfolge forderte, um den 
letzten niederzuschlagen, der, wenn auch innerlich schwer 
erschüttect, zu trotzen wagte: Preußen. 
In der allgemeinen Auflösung hatte Sachsen Umschau 
nach Anlehnung gehalten. Wie es erklärlich ist, kam von 
all dem sich zum Teil widerstrebenden Plänen nichts zu- 
stande, bis endlich die hereinbrechende Not zu einem raschen 
Entschlusse trieb. Als am 10. September 1806 die preu- 
ßhische Schlesische Armee bei Meißen, Niederwarthe und 
Dresden die Elbe überschritt, gab der Kurfürst Befehl zur 
Mobilmachung, um mit Preußen zu Felde zu ziehen. 
809 Offiziere, 21 144 Mann und 4594 Pferde wurden 
marschbereit gemacht, General von Zezschwitz übernahm 
den Oberbefehl, trat aber unter die Heeresleitung des 
Fürsten von Hohenlohe. 
Einen Monat später war die Streitmacht zertrümmert! 
Die Sachsen marschierten hinter der Elster auf. Ein un- 
seliges Schwanken der Heeresleitung, ein fortwährendes 
Abändern der Pläne bedingte große Märsche. Teile des 
sächsischen Heeres kamen am 8. und 0. Oktober bei Schleitz 
ino Gefecht, andere am 10. bei Saalfeld. Hier wie da 
zeigte sich die feindliche Leitung und Kampfart überlegen, 
die neue Taktik der Franzosen schlug die überlebten line- 
aren Formen völlig. Wenige Tage später, am 14. Ok- 
tober, brach bei Jena und Auerstädt die alte preußische 
Armee und mit ihr die sächsische Hilfe zusammen. So 
tapfer einzelne Truppenteile, wie das Grenadierbataillon 
Auc dem Winckel, das Regiment Kurfürst und die Chevaux- 
legers, auch fochten, in der allgemeinen Verwirrung, die 
Führer und Truppen ergriffen hatte, löste sich alle Ord- 
nung; nur Trümmer verließen das Schlachtfeld. Die ganze 
Division Niesemeuschel, etwa 6000 Mann, wurde gefangen, 
die Gesamtverluste sind nie genau festgestellt worden. 
Während Napoleon die Preußen nach der mittleren Elbe 
verfolgte und sich nach dem Falle Magdeburgs gegen Berlin 
wandte, suchte Zezschwitz die Reste seiner Truppen bei Barby 
zu ummeln. Zu ernstlichem Widerstande waren sie nicht 
mehr fähig. Von Preußen war keine Hilfe zu erwarten. 
Rbeinbundsdivisionen, Bayern und Württemberger, mar- 
schierten auf Dresden. Unter solchen Umständen war die 
rasche Annahme der Neutralität, die Napoleon anbot, die 
einzige Rettung. 
Der am 11. Dezember in Posen abgeschlossene Frieden 
brachte dem Kurfürsten die Königskrone. 6000 Sachsen 
mußten als Rheinbundstruppen sofort gegen den bisherigen 
281 
Verbündeten bereitgestellt, weitere 14000 zur Verfügung 
gehalten werden. Die Bestimmung des Waffenstillstands, 
daß alle Reiter ihre Pferde und Pallasche an unberittene 
französische Kavalleristen abliefern mußten, war besonders 
schmerzlich und veranlaßte heftige Auftritte. 
Am 12. Februar 1807 verließen die geforderten 6000 
Mann unter Generalleutnant von Polenz Dresden. Bei 
Danzig stießen sie zum Korps des Marschalls Lefêbore, 
um an der Belagerung dieser Stadt teilzunehmen. Nach- 
dem die Ubergabe am 27. Mai erzwungen war, marschierten 
die Sachsen über Marienburg auf Friedland gegen die 
Russen und wurden alo 3. Division dem Korps Lannes an- 
gegliedert. Das König-Kürassierregiment konnte am Abend 
ded 10. Juni noch ruhmreich an der Schlacht von Heils- 
berg teilnehmen. Dasselbe Regiment kam vier Tage später, 
ebenfallo als einziges sächsisches, bei Friedland zum Ein- 
hauen. Für seine Tapferkeit erhielt es den Namen Leib- 
kürassiergarde (seit 1822 Gardereiterregiment). 
Durch den Frieden von Tilsit bekam am 9. Juli das 
junge Königreich einen großen Gebietszuwachs in dem 
Herzogtume Warschau, das sich aus abgetretenen polnischen 
Teilen Preußens zusammensetzte, ein verhängnisvolles Ge- 
schenk, das Sachsen mit Preußen verfeindete und vor allem 
die Angst brachte, es wieder zu verlieren. Das Korps 
Polenz blieb als Besatzung in dem neuerworbenen Gebiete. 
Vom 17. bis 22. Juli weilte Napoleon zum ersten Male 
in Dresden. Während seiner Anwesenheit stiftete der König 
den Hausorden der Rautenkrone, dessen Wahlspruch „Pro- 
videntiae memor“ (Eingedenk der Vorsehung) allen Sachsen 
als Zier von Helm und Leibriemenschloß vertraut ge- 
worden ist. 
Im Sommer 1808 wurde die Diolsion Polenz durch 
die des Generals von Dyherrn abgelöst. In zwei Exerzier- 
lagern bei Sporbitz— Mügeln und bei Bautzen wurden im 
Herbst 14000 Mann vereinigt. Bereits im Frühling des 
folgenden Jahres begann der Kampf aufs neue. Obwohl 
rings von Feinden umgeben suchte Österreich sich von den 
Fesseln des Preßburger Friedens freizumachen. Der mit 
Begeisterung begonnene Krieg verlief unglücklich. Wider 
Erwarten gelang es Napoleon, ein starkes Heer in Bayern 
zu sammeln und die Truppen des Erzherzogs Karl in 
heftigen Schlägen an der Donau und an der Isar zurück- 
zuwerfen. Am 13. Mai zog er in Wien ein. 
Am 15. April hatten die Sachsen, 16 300 Mann unter 
Zezschwitz, Dresden verlassen und waren im weiten Bogen, 
wobei sie der Umweg auch über das Unglücksfeld von Jena 
führte, um Böhmen herum nach Passau gezogen. Bei 
Schönberg im Vogtlande waren sie am 30. April zuerst 
mit feindlichen Vortruppen zusammengestoßen. 
Im Vormarsch donauabwärts erreichten die mit der fran- 
zösischen Division Dupas verstärkten Sachsen nach einigen 
Gefechten am 4. Juli Wien. Während einer längeren Rast 
bei St. Pölten waren sie zweckmäßiger eingeteilt worden. 
Nach einer fürchterlichen Nacht auf der Donauinsel Lo- 
bau griffen sie am §. Juli in die gewaltige Schlacht bei 
Wagram als Teile des IX. Armeekorps Bernadotte ein. 
Am Abend eroberte die Brigade Lecoq, nach und nach um 
zehn Bataillone verstärkt, das Dorf Wagram, konnte es 
aber in einem verlustreichen Nachtkampfe nicht halten, da 
nachrlickende Verstärkungen die weißrockigen Sachsen für 
OÖsterreicher hielten und auf sie feuerten. In großer Ver- 
wirrung fluteten sie nach dem Dorfe Aderklaa zurück. Auch 
die bei der Division Dupas befindlichen, dem Marschall 
Oudinot unterstellten sächsischen Bataillone konnten ihre 
Anfangserfolge bei Baumersdorf nicht ausnützen. Erst am 
zweiten Schlachttage, dem 6. Juli, gelang es Napoleon, den 
Sieg zu erringen. An dem furchtbaren Ringen dieses Tages 
hatten die Sachsen nur wenig Anteil. Sie waren infolge 
ihrer gewaltigen Verluste — ein Drittel des Gefechtsstandec
	        
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