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weghem, südlich und östlich von Courtrai,
8. März dieser Ort besetzt.
Nachdem das bisher sehr unvollständige III. Armeekorps
wurde am
durch Verstärkungen aus der Heimat, die Thielmann selbst
und Prinz Paul von Württemberg heranführten, vervoll-
ständigt war, ging der Herzog an die Belagerung von Mau-
beuge, gab aber bereits am 25. März die wirkungslose Be-
schießung auf und begnügte sich mit der Einschließung bis
zum Frieden.
Auf dem rechten Flügel führte der Tatendrang Thiel-
manns zu einigen recht blutigen Zusammenstößen. Am
2 1. März stieß er bis zum Marque-Abschnitte bei Bouvines,
südöstlich Lille, vor, wobei die Husaren bis an die Festung
herankamen, am 30. ging er gegen den um den deutschen
rechten Flügel herum über Courtrai nach Gent und gegen
Antwerpen vordringenden General Maison nach der Lys vor.
Nach glücklichem Anfange bei Sweweghem scheiterte der
Vorstoß unmittelbar vor Courtrai. Die zum ersten Male
ins Feuer kommende Landwehr riß aus, die Brigade Brause
rettete aber die Ehre des Tags. Der vor Antwerpen ab-
gelöste General von Gablenz nahm die geschlagene Ab-
teilung bei Audenarde auf. Die Besatzung Tournais schlug
am 31. März einen Angriff Maisons tapfer ab.
Am 12. April beendete der Waffenstillstand zu Pon-à=
Tressin westlich Tournai den Kampf. Thielmann übernahm
nach längerer Vertretung am 0. Juni den Oberbefehl und
führte die Truppen an den Rhein nach Koblenz zurück.
Nach und nach bemächtigte sich der Sachsen eine große
Beunruhigung. Gerüchte tauchten auf, daß sie preußisch
werden sollten, Nachrichten von Landesteilung und drohen-
der Ungerechtigkeiten gegen König und Volk gingen von
Mund zu Munde. Nicht wenig trug dazu Thielmanns takt-
loses Benehmen bei. Er verkündigte schon im November
den Offizieren frohlockend die bevorstehende Vereinigung
Sachsens mit Preußen, war aber bald zum Widerruf ver-
anlaßt worden. Der Unwille stieg ständig. Am 11. De-
zember wurden deshalb die Truppen aus der Nähe öster-
reichischer Regimenter weg nach Bonn verlegt, wo sie am
23. den Geburtstag ihres kriegsgefangenen Könige festlich
begingen. Ende Januar 1815 wurden sie in der Kölner
Gegend untergebracht, Lecoq, ein besonders eifriger Sachse,
wurde heimgeschickt. In diese stark erregte Stimmung hinein
kam die Nachricht von Napoleons Rückkehr von Elba und
dem Wiederaufflammen des Kriegs. Zezschwitz wandte sich
an den König mit der Bitte, die Gewissensnot seiner Offi=
ziere durch eine klare Weisung, wie sie sich im Falle eines
Kriegs zu verhalten hätten, zu bannen. Allein es kam keine
bestimmte Antwort, der König konnte sie in seiner Lage
gar nicht geben. Unglücklicherweise wurde gerade jetzt General
von Kleist, unter dessen oberstem Befehle das III. Armee-
korps stand und dessen gewinnende, freundlich wohlwollende
Art viele Beschwerden ausgeglichen batte, abberufen. Bic#
zur Ankunft des neuen Oberbefehlshabers, Blüchers, über-
nahm Gneisenau die Führung am 2. April. Kurz darauf
verließ auch Thielmann, von den Sachsen nicht betrauert,
seine Dienststellung.
Es traf sich sehr unglücklich, daß der neue Oberbefehls-=
haber alsbald vom Könige von Preußen angewiesen wurde,
die Sachsen nach der neuen Grenze in eine sächsisch bleibende
und eine preußisch werdende Brigade zu teilen, daß dazu
der Befehl des Königo von Sachsen nicht abgewartet wurde,
und daß die Form das sehmerzliche Werk nicht erleichterte.
Die Trennung ging bei der Kavallerie verhältnismäßig
leicht vor sich. Auch bei der reitenden Artilleriebrigade gab
es beine besonderen Schwierigkeiten. Die Fußartillerie je-
doch wurde auf Anraten ihres Kommandeurs nicht wie diese
Truppen weiter im Felde verwendet, sondern mußte in
Iüllich ihre Geschütze abgeben und wurde dann um Düren
einguartiert. Bei der Infanterie kam es am 2. Mai in
Lüttich zu starken Aussehreitungen gegen Blücher selbst, in-
folge deren sieben Soldaten in Huy standrechtlich erschossen
und die Fahne des I. Bataillons des provisorischen Garde-
regiments verbrannt wurde. Das Regiment wurde, bis auf
300 Mann, die an dem verhängnisvollen Tage unter Haupt-
mann Geibler die Wache bei Blücher bezogen und sich dabei
tadellos benommen hatten, entwaffnet nach Magdeburg ge-
schickt, um dort geteilt zu werden. Die übrige Infanterie
wurde aus der Gegend von Namur nach Krefeld, Ende
Mai nach Westifalen verlegt. Nachdem erst am 2. Juni
ein Befehl des Königs vom 22. Mai wegen der Teilung ein-
getroffen und der beliebte Lecoq mit der Ausführung betraut
war, konnte in der Gegend von Paderborn die Trennung
ohne weitere Zwischenfälle vollzogen, werden.
Lecoq zog die sächsisch bleibenden Truppen bei Osnabrück
zusammen und teilte sie neu ein. Am 11. Juli marschierten
sie nach Frankfurt am Main, wo am 2. August Herzog
Ernst von Koburg den Oberbefehl übernahm. Dann zogen
sie zur Einschließung von Neubreisach und Schlettstadt
nach dem Elsaß, die Reserde blieb bei Kolmar. Doch kam
es nicht mehr zu ernsten Zusammenstößen. Nachdem die
Sachsen noch zur Uberwachung der unruhigen Bevölkerung
des Elsasses verwendet worden waren, konnten sie nach
Abschluß des 2. Pariser Friedens (20. November) endlich
den Marsch nach Hause antreten. Eine kleine, Söoo Mann
starke Abteilung unter Gablenz nahm an der Besatzung
Frankreichs teil und lag anfangs bei Le Quesnoy, illers
und Bethune, dann bei Tourcoing. Mehrfach kamen sie
während dieser Zeit in enge Berührung mit englischen
Truppen, mit denen sie auch Übungen abhielten. Als sie
unter dem bewährten General J. A. von Zezschwitz, dem
späteren Kriegsminister, am 7. Nooember. 1818 — gerade
hundert Jahre vor dem Zusammenbruche — aus dieser im
Weltkriege berühmt gewordenen Gegend abmarschierten, war
es ein Engländer, Lord Wellington, der ihnen das Ruhmes-
wort mit auf den Weg gab: „Von den sächsischen Truppen
habe ich in den drei vergangenen Jahren nichts gesehen als
Vortreffliches, und nichts gehört als Lob.“ Zu Weihnachten
trafen sie in Plauen im Vogtland ein.
Die Kriege von 1849, 1864, 1866 und 1870/71.
Nun trat eine dreißig Jahre währende Friedenspause ein,
die nach Kräften zum inneren Ausbau des Heeres benutzt
wurde, obwohl die Teilnahme an seiner Entwicklung im
Volke stark zurückging und sich mehr der Verfassungsfrage
und der aufblühenden Gewerbstätigkeit zuwandte.
Das sächsische Bundeskontingent bildete die 1. Division
des IX. Armeekorps.
Von dem gelegentlichen Eingreifen der Truppen bei Un-
ruhen 1830 und 1831 in Dreoden und Leipzig, 1845 aber-
mals in Leipzig und 1848 im Erzgebirge und Vogtlande,
sowie von der Beteiligung von 6000 Sachsen an der Be-
satzung in Thüringen kann hier abgesehen werden. Auch
auf den Maiaufstand 1840, der erst mit Hilfe preußischer
Truppen, da die Hauptmasse des sächsischen Heeres im
Felde stand, gedämpft werden konnte, noll hier nicht weiter
eingegangen werden.
Der Kampf um Schleswig-Holstein rief 1840 die Sach--
sen aufs neue ins Feld. Unter Generalleutnant von Pritt-
witz rückte ein Reichskorps aus, zu dem Sachsen 6403
Mann, 12590 Perde und 16 Geschütze unter Generalmajor
von Heintz stellte, die mit einer hannoverschen Brigade die
2. Division des Generalmajors von Wynnecken bildeten. Zum
ersten Male wurden die Truppen mit der Eisenbahn auf
den Kriegsschauplatz befördert. Es gab bei der ungewohnten
Ülberführung viele Stockungen, die Truppenteile brauchten
zum Teil fast 14 Tage, um ihre Bestimmungsorte zu er-
reichen. Das Gardereiterregiment hatte den weiten Weg mit
Marsch zurückgelegt und stieß erst nach 26 Tagen zur Brigade.