C. Mit der Wohnungsfürsorge für die Kriegsteilnehmer
soll zugleich das Kleinbauerntum und die Hausgartenwirt-
schaft gefördert werden. Vor allem sollen für die Kriegs-
beschädigten, die gezwungen sind, ihren Beruf zu wechseln,
Wirtschaftsheimstätten geschaffen werden.
D. Das Reich soll rechtzeitig einheitliche, gesetzliche Be-
stimmungen treffen für die Einrichtung von Kriegerheim-
stätten und es sollen den einzelnen Bundesstaaten Reichs-
mittel zugeführt werden. Beim Bundesrate in dieser Rich-
tung einzuwirken, soll Aufgabe der sächsischen
Staatsregierung sein.
E. Staat und Gemeinde sollen zwecks Schaffung
von Kriegerheimstätten Grund und Boden zu gün-
stigen Bedingungen zur Verfügung stellen und die
gemeinnützige Bautätigkeit hinlenken auf die Be-
schaffung solcher Heimstätten.“
Vom Berichterstatter wurden die einzelnen Sätze
eingehend begründet. Er führte aus zu
A. daß die Bevölkerung Deutschlands, insbeson-
dere die Industriebevölkerung und die Bevölkerung
in den Städten, noch immer stark wachse. Es würde
Wohnungsnot, namentlich Mangel an Kleinwoh--
nungen eintreten. Die schnell wachsende Industrie
der letzten Jahrzehnte habe die Landbevölkerung
mit Aussicht auf besseren Verdienst und bessere
Lebenshaltung in die Städte hineingesaugt. Dadurch
steige der Bodenwert, und vielfach wachse sich
der Grundbesitz zu einer Macht aus, die bei
weiterer Entwicklung der Städte in Hinsicht des
Kleinwohnungsbaues geradezu gefährlich würde.
Sobald Gewinnsucht hinzukomme, würden die
Bodenwerte ins Uferlose wachsen müssen. So
hätten namentlich in den großen Städten die
Bodenwerte innerhalb 40 Jahren um das 400=
bis 600 fache des ursprünglichen Ackerwertes zu-
genommen! Bei solchen Bodenwerten müßten
Mietskasernen entstehen, damit nur einigermaßen
eine Verzinsung herauskomme, und das Land würde
ausgenütßzr bis auf das kleinste Stück. Dazu kämen
noch die Belastungen durch Bauverordnungen, Bau-
kosten, der mangelnde oder unsichere Realkredit und
anderes mehr, kurzum, die Kleinwohnungen hätten
immer kostspieliger werden müssen. Gegen diese
Übelstände sei schon vor dem. Kriege angekämpft
worden, aber sie würden nach dem Kriege noch
größer werden, weil durch die starke Nachfrage nach
Kleinwohnungen in dieser Richtung Kleinwohnungs-
teuerung kommen werde. Deshalb würden viele
Familien, deren Ernährer im Felde stehe, bei Rück-
kehr derselben kleinere Wohnungen aufzusuchen ge-
zwungen sein. Dazu komme die erhebliche Zahl
der Kriegswitwen, die wohl zum großen Teil
kleinere Wohnungen beziehen müßten; weiter die
ansehnliche Zabl der Kriegsgetrauten, die nach
Rückkehr des Mannes eigene Wohnung nehmen würden.
Als unsere Krieger 1871 aus Frankreich zurückgekehrt
seien, habe sich bald eine gewaltige Wohnungsnot ein-
gestellt. Grund und Boden wäre maßlos teuer geworden,
und diejenigen, welche in die Städte zurückgekommen
seien, hätten als Dank dafür, daß sie das Vaterland gegen
Jerstörung und Brandschahung verteidigt hatten, unglaublich
teuere Wohnungen vorgefunden. Viele Landwehrleute mit
starker Familie seien auf die Straße gesetzt und in Baracken
untergebracht worden, weil man die vorhandenen Woh-
nungen „besser“ vermieten konnte als an sie. Es sei be-
kannt, daß diese Zustände damals große Erbitterung hervor-
gerufen haben, deren Wirkungen unser öffentliches Leben
lange Zeit unheilvoll beeinflußt. Deshalb sei es dringend
nötig, für die Heimkehrenden geeignete Wohnungen bereit-
Z#sSgeschess.
307
zustellen oder nachzuweisen, um so mehr, als die Mieten
steigen würden und auch das Bauen viel teurer werden
würde. Es seien Erwerbs= und Baukosten in Hinsicht auf
die gesteigerten Baustoffpreise und Löhne gewaltig gewachsen.
Von großem Interesse seien zu dieser Frage die Mittellungen,
wie solche in Nr. 12 des ersten Jahrganges der Zeitschrift
„Heimatdank“ vom 15. Dezember 1918 gegeben werden:
„Die Bevölberung Sachsens wächst jährlich um rund
50 000 Köpfe, und wenn nun nach der Berechnung des Sta-
Schnitt
c. *
Siedelung in Auenhain-Cröbern, entworfen von J. 8 R. Koppe, Alrchitekten, Leipzig
tistischen Landesamtes laut dessen Mitteilung im 59. Jahr-
buch 1013 2. Heft fast genau auf eine Wohnung vier Köpfe
kommen, so müßten für den zuwachsenden Bedarf jähr-
lich neu gebaut werden — ohne den erforderlichen Ersatz
für unbrauchbar gewordene alte Wohnungen — etwa 12 300
Wohnungen.
Die Kleinwohnungen bis zu vier Räumen machen rund
75% der Wohnungen überhaupt aus, so daß der Bedarf
an neu zu erstellenden Kleinwohnungen sich auf jährlich
9375 beläuft, in den 1 ½ Kriegsjahren auf rund 14 o0.
Die Zahl der in dieser Zeit gebauten Kleinwohnungen
wird auf höchstens 2000 geschätzt, und es verbleibt mithin
eine Lücke auf dem Wohnungsmarkt, die in diesem Um-
fange noch vor Rückkehr der Kriegsteilnehmer
unbedingt ausgefüllt werden muß, wenn nicht als-
20“