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Die L.-S.-G. ihrerseits hat gewiß vornehmlich auch nur
erst Vorarbeit geleistet, die Voraussetzungen für die Zukunft
sind erfüllt — daß Leben einzieht in dieses Gebäude des
Siedlungswerkes, daran hindert die Nachwirkung des Krie-
ges, möchte die Zeit nicht mehr allzufern sein, in der von
Landessiedlungsstelle und Landessiedlungagesellschaft, die in-
zwischen ihr neues eigenes Heim im umgebauten früheren
Ständehause bezogen haben, reicher Segen von bleibendem
Werte als ein lebendiges Denkmal des Dankes und ein
hervorragendes Mittel der Fürsorge und Vorsorge zugleich
zu des Volkes Wohl und des Reiches Heil daraus erwächst
als aus einem Werke echter Menschlichkeit und edlen
Friedens.
s§. Kirche und Kriegerheimstätten
Auch die Kirche beider Konfessionen ist keineswegs acht-
los an dem Gedanken der Kriegerheimstätten vorüber-
gegangen; freilich ist es schwer, das volle Maß ihrer Mit-
wirkung zu erfassen, da ihr Tun vorwiegend nur mittelbar
bervorgetreten ist.
Was zuvörderst die kirchlichen Behörden anlangt, so hat
das Evangelische Landeskonsistorium auf Befra-
gen seitens des Ministeriums des Kultus und öffentlichen
Unterrichtes sich zustimmend dahin erklärt, daß es bereit
sei, das Werk der Schaffung von Kriegerheimstätten auch
seinerseits durch Bereitstellung von Land aus birchlichem
Besitz erforderlichenfalls fördern zu helfen. Da die Kirche
aus naheliegenden Gründen bedacht sein wird, ihren Besitz
von Liegenschaften sich dauernd zu erhalten, dürfte bei der
in Aussicht gestellten Bereitstellung von Land es sich um
Vergebung desselben in der Form des Erbbau= und Wieder-
kaufrechtes vorzugsweise handeln.
Auch das Domstiftliche Konsistorium zu
Bautzen, das auch an der Landessiedlungsgesellschaft als
Gesellschafter beteiligt ist, hat einschließlich der Klöster zu
Marienstern und Marienthal eine entsprechende Erklärung
abgegeben.
Des weiteren ist hervorzuheben, daß neben ihrer offiziellen
Vertretung namentlich auch kirchliche Vereine dem Gedanken
der Kriegerheimstätten gebührende Beachtung geschenkt
haben, wir heben hervor die Tagung der Evangelisch-
sozialen Vereinigung und den vom Landesverein
für Innere Mission veranstalteten Kurfus über die
Wohnfrage als die beiden wichtigsten Maßnahmen seitens
der Kirche.
Die Sächsische Evangelisch-soziale Vereini-
gung hatte keinen Geringeren als die Seele des Krieger-
heimstättengedankens, Herrn Dr. Adolf Damaschke, den
ersten Vorsitzenden des Bundes deutscher Bodenreformer,
für einen Vortrag auf der Kriegs-Tagung, Mittwoch den
6. Juni 1917 in Oresden im Künstlerhaus, für einen Vor-
trag über Krieg, Kirche und Bodenreform mit
anschließender Aussprache gewonnen.
Andererseits der Kursus über die Wohnfrage. Er
fand am 15. und 16. Oktober 1017 üm Hause des Christ-
lichen Vereins junger Männer in Dresden, Ammonstraße 6,
statt und bestand in vier Vorträgen über Kleinsiedlung und
Kleinwohnungsfürsorge. Es sprachen Herr Dr. W. Kretzsch-
mar, Geschäftsführer im Verband der sächsischen gemein-
nützigen Bauvereinigungen, über die Träger der Aufgabe,
Herr Regierungsrat Dr. Rusch über Bodenfragen, Herr
Regierungsbaumeister Dr. Kruschwitz über Kreditfragen
und Herr Oberkirchenrat Sup. Jentsch-Chemnitz über
die Mitarbeit der Kirche und Inneren Mission.
Pläne vorbildlicher Heimstätten wurden ausgestellt und er-
läutert. Der Kursus, dem ein beratender Ausschuß in einer
Reihe von Sitzungen unter Leitung des Herrn Oberkirchen-
rat Jentsch-Chemnitz vorgearbeitet hatte, erfreute sich
eines regen Besuches aus allen Teilen und Kreisen des
Landes, die Darbietungen fanden willkommene Aufnahme
und dürften ihren Zweck, die Wohn= und Siedlungefrage
zu fördern, gewiß nicht verfehlt haben.
Naturgemäß hat es über diese soeben behandelten Ver-
anstaltungen hinaus auch sonst und auch schon vorher in den
Kreisen der Herren Geistlichen nicht an Verständnis, In-
teresse, Sinn und Mitarbeit für die Verwirklichung des
Siedlungsgedankens gefehlt. Ein Aufsatz des Verfassers
dieser Arbeit über Kriegerheimstätten im Neuen Säch-
sischen Kirchenblatt 1916 (Nr. 18, S. 274 5) und im
Sächsischen Kirchen-und Schulblatt 19#6 (Nr. 22,
S. 330 ff.) hatte die Aufmerksamkeit auf die Frage der
Kriegerheimstätten gelenkt, nachdem sie schon 1915 in Nr. 22
und 23 in einem Aufsatze über den sozialen Neubau nach
dem Kriege im Neuen Sächsischen Kirchenblatt erstmalig
erwähnt worden waren; dieser Aufsatz war ein Vortrag,
den Pastor Hoffmann-Chemnitz bei Gelegenheit einer
Tagung der Evangelisch-sozialen Vereinigung ge-
halten hatte, die damit innerhalb der Kirche zuerst den
Heimstättengedanken hervorgehoben hat. Des weiteren be-
handelte die Kriegerheimstättenfrage in einem Vortrage über
Kirchliche Probleme und Aufgaben der Kriegsbeschädigten-
fürsorge auf der Meißner Konferenz 1916 Herr Pastor
Sell, der Direktor der Armenpflege in Leipzig, in dem er
u. a. in bezug auf die Einzelaufgaben der sozialen Fürsorge
sagte:
„Es gilt für Kirche und Pastoren jene Einrichtungen zu
fördern, die dem Kriegsbeschädigten eine vom Wecheel des
Arbeitsmarktes möglichst unberührte Existenz sichern. Wir
haben hier vor allem an die Heimstätten zu denken, die man
grihten will.“ (Vgl. Heimatdank-Nachrichten Jahrgang 3,
. 7.
Herzhaft sind die Worte, die Pfarrer Viktor Kühn in
einem auf der Dresdner Hauptkonferenzder Geist-
lichen am 11. Dezember 1916 gehaltenen Vortrage über
„die Kirche und die soziale Frage der Zukunft“ (siehe Neues
Sächsisches Kirchenblatt S. 226 ff., S. 262 ebenda) gegen
den Bodenwucher und für die Kriegerheimstätten gesprochen,
sie lauten:
„Die Wohnungonot ist eng verbunden mit dem Boden-
wucher — der will ohne eigentliche Arbeit aus „Grund
und Boden’ hohen Gewinn erzielen. Der steht noch tiefer
als Lebensmittelwucher. Der ist ein Verbrechen am gesamten
deutschen Volk, das die Mutter Erde der deutschen Heimat
mit den schwersten Kriegsopfern gewahrt und geweiht hat
— ein Verbrechen an unseren Vaterlandsschirmern, die ihr
Leben für die Heimat dahingaben. Ihnen verdanken wir's,
wenn der Wert der deutschen Erde stieg. Nun wollen
„Gründer" den Gewinn einstreichen, kühl bis ans Herz hinan.
Parasiten, die da ebenso zu verurteilen sind wie die be-
rüchtigten Gründer aus den Jahren nach 1870 — ohne
Erbarmen zu verurteilen. Der deutsche Kamerad bringt
neue Heimatsliebe mit. So gebt ihm ein Stücklein Ge-
samtboden. Er gehört ihm..
Das Schwert aus der Scheide im Namen der christlichen
Wahrheit gegen alles Gründertum und Bodenwuchertum,
aber fleißig die Kelle zur Hand zum Mitbau an
den deutschen Kriegerbeimstätten, damit unsere
heimgekehrten Krieger, die für die Heimat soviel getan, nun
daheim eine „Heimat sich leichter gründen können, vielleicht.
mit Haus und Gärtchen, eine Heimat mit all ihrem Glück,
mit ihrer Arbeit, ihrem Sonnenschein, ihrem F.lieden und
Segen, ein zu Hause'. Wehe, wenn durch die gesellschaft-
liche Schuld, durch unsere Schuld, ein Feldgrauer in der
Heimat klagen muß: „Ich kann nicht mehr nach Hause,
hab’ beine Heimat mehr“. Darum schnell, umsichtig und
feinfühlend helfen. Wir alle wollen mit versuchen, gutzu-