Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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Die L.-S.-G. ihrerseits hat gewiß vornehmlich auch nur 
erst Vorarbeit geleistet, die Voraussetzungen für die Zukunft 
sind erfüllt — daß Leben einzieht in dieses Gebäude des 
Siedlungswerkes, daran hindert die Nachwirkung des Krie- 
ges, möchte die Zeit nicht mehr allzufern sein, in der von 
Landessiedlungsstelle und Landessiedlungagesellschaft, die in- 
zwischen ihr neues eigenes Heim im umgebauten früheren 
Ständehause bezogen haben, reicher Segen von bleibendem 
Werte als ein lebendiges Denkmal des Dankes und ein 
hervorragendes Mittel der Fürsorge und Vorsorge zugleich 
zu des Volkes Wohl und des Reiches Heil daraus erwächst 
als aus einem Werke echter Menschlichkeit und edlen 
Friedens. 
s§. Kirche und Kriegerheimstätten 
Auch die Kirche beider Konfessionen ist keineswegs acht- 
los an dem Gedanken der Kriegerheimstätten vorüber- 
gegangen; freilich ist es schwer, das volle Maß ihrer Mit- 
wirkung zu erfassen, da ihr Tun vorwiegend nur mittelbar 
bervorgetreten ist. 
Was zuvörderst die kirchlichen Behörden anlangt, so hat 
das Evangelische Landeskonsistorium auf Befra- 
gen seitens des Ministeriums des Kultus und öffentlichen 
Unterrichtes sich zustimmend dahin erklärt, daß es bereit 
sei, das Werk der Schaffung von Kriegerheimstätten auch 
seinerseits durch Bereitstellung von Land aus birchlichem 
Besitz erforderlichenfalls fördern zu helfen. Da die Kirche 
aus naheliegenden Gründen bedacht sein wird, ihren Besitz 
von Liegenschaften sich dauernd zu erhalten, dürfte bei der 
in Aussicht gestellten Bereitstellung von Land es sich um 
Vergebung desselben in der Form des Erbbau= und Wieder- 
kaufrechtes vorzugsweise handeln. 
Auch das Domstiftliche Konsistorium zu 
Bautzen, das auch an der Landessiedlungsgesellschaft als 
Gesellschafter beteiligt ist, hat einschließlich der Klöster zu 
Marienstern und Marienthal eine entsprechende Erklärung 
abgegeben. 
Des weiteren ist hervorzuheben, daß neben ihrer offiziellen 
Vertretung namentlich auch kirchliche Vereine dem Gedanken 
der Kriegerheimstätten gebührende Beachtung geschenkt 
haben, wir heben hervor die Tagung der Evangelisch- 
sozialen Vereinigung und den vom Landesverein 
für Innere Mission veranstalteten Kurfus über die 
Wohnfrage als die beiden wichtigsten Maßnahmen seitens 
der Kirche. 
Die Sächsische Evangelisch-soziale Vereini- 
gung hatte keinen Geringeren als die Seele des Krieger- 
heimstättengedankens, Herrn Dr. Adolf Damaschke, den 
ersten Vorsitzenden des Bundes deutscher Bodenreformer, 
für einen Vortrag auf der Kriegs-Tagung, Mittwoch den 
6. Juni 1917 in Oresden im Künstlerhaus, für einen Vor- 
trag über Krieg, Kirche und Bodenreform mit 
anschließender Aussprache gewonnen. 
Andererseits der Kursus über die Wohnfrage. Er 
fand am 15. und 16. Oktober 1017 üm Hause des Christ- 
lichen Vereins junger Männer in Dresden, Ammonstraße 6, 
statt und bestand in vier Vorträgen über Kleinsiedlung und 
Kleinwohnungsfürsorge. Es sprachen Herr Dr. W. Kretzsch- 
mar, Geschäftsführer im Verband der sächsischen gemein- 
nützigen Bauvereinigungen, über die Träger der Aufgabe, 
Herr Regierungsrat Dr. Rusch über Bodenfragen, Herr 
Regierungsbaumeister Dr. Kruschwitz über Kreditfragen 
und Herr Oberkirchenrat Sup. Jentsch-Chemnitz über 
die Mitarbeit der Kirche und Inneren Mission. 
Pläne vorbildlicher Heimstätten wurden ausgestellt und er- 
läutert. Der Kursus, dem ein beratender Ausschuß in einer 
Reihe von Sitzungen unter Leitung des Herrn Oberkirchen- 
rat Jentsch-Chemnitz vorgearbeitet hatte, erfreute sich 
eines regen Besuches aus allen Teilen und Kreisen des 
Landes, die Darbietungen fanden willkommene Aufnahme 
und dürften ihren Zweck, die Wohn= und Siedlungefrage 
zu fördern, gewiß nicht verfehlt haben. 
Naturgemäß hat es über diese soeben behandelten Ver- 
anstaltungen hinaus auch sonst und auch schon vorher in den 
Kreisen der Herren Geistlichen nicht an Verständnis, In- 
teresse, Sinn und Mitarbeit für die Verwirklichung des 
Siedlungsgedankens gefehlt. Ein Aufsatz des Verfassers 
dieser Arbeit über Kriegerheimstätten im Neuen Säch- 
sischen Kirchenblatt 1916 (Nr. 18, S. 274 5) und im 
Sächsischen Kirchen-und Schulblatt 19#6 (Nr. 22, 
S. 330 ff.) hatte die Aufmerksamkeit auf die Frage der 
Kriegerheimstätten gelenkt, nachdem sie schon 1915 in Nr. 22 
und 23 in einem Aufsatze über den sozialen Neubau nach 
dem Kriege im Neuen Sächsischen Kirchenblatt erstmalig 
erwähnt worden waren; dieser Aufsatz war ein Vortrag, 
den Pastor Hoffmann-Chemnitz bei Gelegenheit einer 
Tagung der Evangelisch-sozialen Vereinigung ge- 
halten hatte, die damit innerhalb der Kirche zuerst den 
Heimstättengedanken hervorgehoben hat. Des weiteren be- 
handelte die Kriegerheimstättenfrage in einem Vortrage über 
Kirchliche Probleme und Aufgaben der Kriegsbeschädigten- 
fürsorge auf der Meißner Konferenz 1916 Herr Pastor 
Sell, der Direktor der Armenpflege in Leipzig, in dem er 
u. a. in bezug auf die Einzelaufgaben der sozialen Fürsorge 
sagte: 
„Es gilt für Kirche und Pastoren jene Einrichtungen zu 
fördern, die dem Kriegsbeschädigten eine vom Wecheel des 
Arbeitsmarktes möglichst unberührte Existenz sichern. Wir 
haben hier vor allem an die Heimstätten zu denken, die man 
grihten will.“ (Vgl. Heimatdank-Nachrichten Jahrgang 3, 
. 7. 
Herzhaft sind die Worte, die Pfarrer Viktor Kühn in 
einem auf der Dresdner Hauptkonferenzder Geist- 
lichen am 11. Dezember 1916 gehaltenen Vortrage über 
„die Kirche und die soziale Frage der Zukunft“ (siehe Neues 
Sächsisches Kirchenblatt S. 226 ff., S. 262 ebenda) gegen 
den Bodenwucher und für die Kriegerheimstätten gesprochen, 
sie lauten: 
„Die Wohnungonot ist eng verbunden mit dem Boden- 
wucher — der will ohne eigentliche Arbeit aus „Grund 
und Boden’ hohen Gewinn erzielen. Der steht noch tiefer 
als Lebensmittelwucher. Der ist ein Verbrechen am gesamten 
deutschen Volk, das die Mutter Erde der deutschen Heimat 
mit den schwersten Kriegsopfern gewahrt und geweiht hat 
— ein Verbrechen an unseren Vaterlandsschirmern, die ihr 
Leben für die Heimat dahingaben. Ihnen verdanken wir's, 
wenn der Wert der deutschen Erde stieg. Nun wollen 
„Gründer" den Gewinn einstreichen, kühl bis ans Herz hinan. 
Parasiten, die da ebenso zu verurteilen sind wie die be- 
rüchtigten Gründer aus den Jahren nach 1870 — ohne 
Erbarmen zu verurteilen. Der deutsche Kamerad bringt 
neue Heimatsliebe mit. So gebt ihm ein Stücklein Ge- 
samtboden. Er gehört ihm.. 
Das Schwert aus der Scheide im Namen der christlichen 
Wahrheit gegen alles Gründertum und Bodenwuchertum, 
aber fleißig die Kelle zur Hand zum Mitbau an 
den deutschen Kriegerbeimstätten, damit unsere 
heimgekehrten Krieger, die für die Heimat soviel getan, nun 
daheim eine „Heimat sich leichter gründen können, vielleicht. 
mit Haus und Gärtchen, eine Heimat mit all ihrem Glück, 
mit ihrer Arbeit, ihrem Sonnenschein, ihrem F.lieden und 
Segen, ein zu Hause'. Wehe, wenn durch die gesellschaft- 
liche Schuld, durch unsere Schuld, ein Feldgrauer in der 
Heimat klagen muß: „Ich kann nicht mehr nach Hause, 
hab’ beine Heimat mehr“. Darum schnell, umsichtig und 
feinfühlend helfen. Wir alle wollen mit versuchen, gutzu-
	        
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