Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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bestehend aus Wohnküche, Waschküche, drei bis vier Wohn- 
und Schlafräumen, Stallanbau für Kleintiere. Zu jedem 
Haus gehören 200—800 Quadratmeter Gartenland. Außer- 
halb der Stadt Chemnitz sollen Wohnheimstätten von ähn- 
licher Art, gegebenenfalls als Zweihausgruppen, oder auch 
Wirtschaftsheimstätten mit Feldgrundstück, Größe je nach 
Bedarf, errichtet werden. Das in seinem Auftrage nach den 
Mlänen der Chemnitzer Kriegersiedlung erbaute Haus über- 
nimmt der Siedler zu vollständigem Eigentum gegen eine 
Anzahlung von wenigstens 15 % des normalen Bauwertes. 
Das Restkaufgeld wird von der Gesellschaft als Hypotheken- 
belastung unkündbar gegen zeitgemäße niedere Verzinsung 
und Tilgung gestundet. Das Grundstücksland wird in Erb- 
baurecht gegen mäßigen Erbbaurechtszins durch Abschluß 
eines Erbbaurechts-Vertrages auf 100 Jahre abgegeben, so 
daß der Siedler eine Kapitalanlage auf dasselbe nicht not- 
wendig hat. Die Anzahlung würde für Wohnheimstätten 
auf den Chemnitzer Siedlungsgeländen je nach Größe und 
Wert des Hauses 1200—2000 Mark betragen. Der Bau 
und die Eigentumsübernahme der Wohn= und Wirtschafts- 
beimstätten außerhalb der Stadt Chemnitz erfolgt zu gleichen 
Bedingungen, die Überlassung von Land nach besonderen 
Vereinbarungen. Die Pflichten des Siedlers sind 
folgende: er hat, da er Grundstückseigentümer wird, die 
Hypothekenzinsen und damit die Tilgung sowie den Erk- 
baurechtszins pünktlich zu entrichten, die auf dem Grund- 
stück lastenden Steuern und Abgaben zu zahlen und sich 
etwa notwendig machende Reparaturen und Erneuerungen 
am Haus und dessen Einfriedigung auf seine Kosten vor- 
nehmen zu lassen. Zur Erleichterung der letztgenannten Ver- 
pflichtungen will die Kriegersiedlung die Siedler ihrer städti- 
schen Siedlungen zu Wirtschafts-Genossenschaften 
zusammenschließen. (Seite 220 und 324 rechte Spalte.) 
Im Unterschied zu den anderen Bezirkegesellschaften darf 
die Siedlungsgesellschaft Oresden Stadt und 
Land die Kleinwohnungen und Heimstätten nicht selbst 
errichten; auch nicht ausnahmsweise und ergänzend wie die 
Landessiedlungsgesellschaft „Sächsisches Heim“. Sie soll 
in erster Linie Kredit vermitteln, sodann beraten und Land 
beschaffen, auch Land zur Erhaltung oder Beschaffung von 
Grünflächen und Gärten, auch soll solches für sonstige 
öffentliche und gemeinnützige Zwecke erworben werden können. 
Was die Höhe der verfügbaren Mittel anlangt, 
so bestehen ebenfalls und naturgemäß bedeutende Unter- 
schiede. Obenan steht die Siedlungsgesellschaft Dresden 
Stadt und Land mit einem Kapital von 2 700 oo Mark, 
dann folgt die Chemnitzer Kriegersiedlung mit 550 o00 
Mark, hierauf die Bezirkbsgesellschaft Flöha mit 500 ooo 
Mark, Zittau-Land mit 350 doo Mark, Oberes Vogtland 
(Olsnitz) mit 322 000 Mark, Pirna mit 300 doo Mark, 
die geringste Summe beträgt 150 000 Mark. 
Die Siedlungsgesellschaften sind in folgender zeitlicher 
Reihenfolge gegründet: zuerst Leipzig am 12. Oktober 1916, 
dann Freiberg am 20. September 1917, dann Flöha am 
6. Dezember 1917, Kamenz am 16. April 1918, Dresden 
lim Mai, am 20. Juni Löbau, am 24. Juli Pirna, am 
13. August Chemnitz, Jittau am 24. Januar, Olsnitz im 
Mai 1910. 
Die Gesellschaften sind sämtlich auf der Grundlage der 
Gemeinniitzigkeit gegründet. Der Gewinnanteil darf 4 bis 
50% der eingezahlten Stammeinlagen jährlich nicht über- 
steigen, auch steht ihnen bei Auflösung der Gesellschaft oder 
der Rückzahlung ihrer Stammeinlagen bein Kapitalgewinn 
zu, etwaige Uberschüsse stehen den beteiligten Bezirksrer= 
bänden für gleiche Zwecke zur Verfügung, wie sie in den 
Gesellschaftsverträgen vorgesehen sind. Bei der Stiftung 
Bergheimat in Freiberg wird der jährliche Reingewinn 
nach Beschluß des Stiftungsrates zur Besserung der Woh- 
nungs= und Gesundheitspflege des Volkes und zu sonstigen 
gemeinnützigen Einrichtungen verwendet. Es können auch 
Rücklagen zu besonderen Zwecken, insbesondere für Miet- 
ausfälle angelegt und regelmäßige und einzelne Zuwen- 
dungen gemacht werden. 
Wie sie aber selbst nicht spekulativ sich verhalten, 
so ist auch in bezug auf die Erstellung der Siedlungen bzw. 
Wohnungen ihr Absehen auf Ausschaltung und Fernhal- 
tung der Spekulation gerichtet. Durch Anwendung 
don Vorkaufs-, Wiederkaufs= und Erbbaurecht 
wird dieser Absicht entsprochen. 
Die Gesellschaften sind die gesetzlich gegebenen Vermittler 
gegenüber der Zentralbehörde, den Ansiedlungsbewerbern 
gegenüber sind sie die gegebenen Organe für Beratung und 
Entgegennahme der Siedlungsansuchen. 
Fragen wir endlich nach den Leistungen, so ist fol- 
gendes zu sagen: es ist vielerlei in Vorbereitung, aber doch 
auch schon mancherlei verwirklicht. 
Die Chemnitzer Kriegersiedlung ist nach Ge- 
währung von 867 000 Mark Überteuerungszuschuß in die 
Lage versetzt, 30 Siedlungshäuser auf Gablenzer Gebiet 
(Öststraße) zu erstellen. Es sollen bis 1. April 1920 eine 
Anzahl Wohnungen dort. bezugsfertig werden. Diese Häuser 
sind Einfamilienhäuser im Reihenhausbau mit zirka 200 bis 
500 Quadratmeter Gartenland. Sie bestehen aus Wohn- 
küche, Spülküche, Wohnstube im Erdgeschoß und drei Schlaf- 
räumen im Obergeschoß. Die Siedler werden nach Über- 
nahme der Häuser zu Eigentum zu Heimstättengenossen- 
schaften als Wirtschaftsgenossenschaften zusammengeschlossen 
werden (vgl. linke Spalte oben und Seite 299). 
Beträchtlich sind die Leistungen der unter dem früheren 
Amtshauptmann, jetzigem Vortragenden Nat im Ministerium 
des Innern (Landeswohnungsamt) Dr. Edelmann be- 
gründeten und tatkräftig geleiteten Bezirkssiedlungs- 
gesellschaft Flöha. Ausführungen darüber im Flöhaer 
Tageblatt vom 19. Oktober lolg von Baumeister Ernst 
Richter-Plaue-Bernsdorf entnehmen wir folgendes, was 
allgemeiner Beachtung wert sein dürfte. 
Zunächst: im Laufe der ersten Hälfte des Oktobers wur- 
den die ersten 12 Wohnungen nach dem Kriege neu ersiellt, 
in Flöha bezogen. In Sschopau ist ein Haus vom glei- 
ehen Typ wie in Flöha errichtet, vier weitere enthalten je 
sechs Wohnungen mit nur drei Wohnräumen. Von den 
Wohnungen sind außer in Flöha noch 18 in ISschopau be- 
zogen, ebenso sechs in Erdmannsdorf. 64 Wohnungen sind 
in Ischopau, Erdmannsdorf, Grünhainichen, Borstendorf, 
Auerswalde und Plaue-Bernsdorf im Bau, sie werden eben- 
falls zum großen Teile noch in diesem Jahre bezugsfertig. 
Sodann, Flöha anlangend: den Bauplatz erwarb die 
Bezirkssiedlungsgesellschaft aus Gemeindebesitz im sogenann- 
ten Auengelände — an fertig ausgebauter Strasse, beschleust 
und mit Wasserleitung versehen — das Quadratmeter ein- 
schließlich Anliegerleistungen zu rund fünf Mark, es konnten 
für jede Wohnung 120 Quadratmeter Gartenland gegeben 
werden. Den Umständen entsprechend kam Mietwohnung 
im Mehrfamilienhaus in diesem Falle in Frage. Fast das 
gesamte Baugewerbe und Handwerk der Gemeinde Flöha 
waren an den Bauten — für Lehrer, Beamte, Angestellte 
und Arbeiter — beschäftigt. Ein großer Teil der Baustoffe 
wurde noch rechtzeitig gesichert. Die Wohnbedingungen be- 
treffend sehen die Mietverträge vor, daß die Wohnungen 
von der Bezirkssiedlungsgesellschaft nicht gebündigt werden 
können, solange der Mieter seinen vertraglichen Pflichten 
nachkommt. Ebenso kann die Miete ohne nachgewiesene 
zwingende wirtschaftliche Notwendigkeit nicht gesteigert wer- 
den. Eine Uberschreitung des Hauowirtschaftsplanes wird 
den Mierern nachgewiesen und dann durch prozentuale Um- 
lagen auf die Miete gedeckt. Jeder Mieter muß sich ver- 
pflichten, Mitglied der zu gründenden Heimstättengenossen-
	        
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