326
zweier Vereine, die in mancher Beziehung beachtliche Be-
sonderheiten aufweisen, einmal der Kriegersiedlung in Räh-
nitz-Dresden und sodann der Siedlungsgenossenschaft
Leipziger Kriegerheimstätten sowie des Verban-
des gemeinnütziger Kriegersiedlungen Sitz
Leipzig.
Die Kriegersiedlung in Rähnitz-Dresden, nach gründ-
lichen, im Mai 1916 begonnenen Vorarbeiten am 27. Mai
1919 mit einem Kapital von 20 Ooo Mark als G. m. b. H.
gegründet, will Wohnungen bauen in erster Linie für Kriegs-
beschädigte, Hinterbliebene gefallener Krieger, Kriegsteil-
nehmer überhaupt, für kriegsbeschädigte Offiziere und Hin-
terbliebene im Felde gefallener Offiziere. Das für die Sied-
lung in Aussicht genommene Gelände zerfällt in zwei Ge-
biete. Das eine ist geeignet und bestimmt für bleine Wirt-
schaftsheimstätten von 1200 Quadratmeter, das andere für
Wohnheimstätten. Das Besondere dieser Siedlung ist, daß
es möglich ist, sich die Größe der Wohnung zu
wählen. Es ist zu diesem Zwecke die Ausarbeitung einer
entsprechenden Anzahl Typen erfolgt, unter denen die Aus-
wahl getroffen werden kann. Diese Typen sind aufs sorg-
samste durchdacht und vor allem unter dem Gesichtspunkt
der größtmöglichen Billigkeit aufgestellt.
Auch in Leipzig besteht (neben der Sächsischen Krieger-
siedlung) noch eine zweite Gesellschaft, welche als solche sich
nur auf das Stadtgebiet Leipzig beschränkt, die Gemein-
nützige Siedlungsgenossenschaft
Leipziger Krieger-Heimstätten,
Geschäftsstelle Leipzig, Plauensche Straße 13, eingetragene
Genossenschaft m. b. H. auf völlig gemeinnütziger Grund-
lage. Ihr Vorstand besteht aus den Herren Rechtsanwalt
Dr. Breymann als Vorsitzenden, Architekt Haller,
Stadtverordneten Lüttich, jetzt Ministerialreferenten.
Die Satzung dieses Vereins wurde in der Gründungs-
versammlung zu Leipzig am §. April la#s errichtet. Die
Genossenschaftsanteile betragen je §0 Mark, den Vorstand
bilden wenigstens zwei, höchstens fünf Genossen, den Auf-
sichtsrat mindestens fünf Genossen. Die Stadt Leipzig hat
das Recht, bis zu zwei Vorstandsmitglieder zu ernennen,
die Genossenschaft hat auf Verlangen des Rates der Stadt
Leipzig die Aufgaben und Geschäfte, die diesem durch ober-
behördliche Vorschriften auferlegt werden, zu übernehmen,
soweit sie im Rahmen des Betätigungsgebietes der Genossen-
schaft liegen. Stifter, Förderer und Ehrenausschußmitglie-
der, die nicht Genossen sind, haben als solche in der Ge-
neralversammlung, im Aufsichtsrat und Vorstand kein
Stimmrecht. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates dieser Ge-
nossenschaft ist Professor Dr. Fritz Kühn, der Vorsitzende
der Ortsgruppe Leipzig der Bodenreformer.
Die Genossenschaft zählt 154 Mitglieder, Genosseneinlage
von 36 750 Mark und ebensoviel Haftsumme (ohne Sied-
lungswillige, die vorerst nur in ganz geringer Zahl zur
Einzahlung aufgefordert worden sind) und 23 463 Mark
Spenden. Die bisherigen Mittel sind mithin hauptsächlich
von Gönnern („fördernden Genossen“) geleistet worden.
Die Geldsammlung erfolgte vorerst nur zur gediegenen Vor-
bereitung der praktischen Siedlungsarbeit innerhalb der
Stadt. Die Heimstätten sollen im aufgelösten Reihenbau
(blockweise), aber durchweg als Einfamilienhäuser, je mit
Hausgarten und Stallung, ausgeführt werden, wenn auch
mit räumlicher Beschränkung der Gärten, entsprechend den
großstädtischen Verhältnissen, auf durchschnittlich 400 Qua-
dratmeter. 4
Die Genossenschaft betont ausdrücklich, daß die Leitung
des Unternehmens ausschließlich in den Händen von Ge-
nossen liegt. Sie plant die Errichtung von 500 Heimstätten
auf Probstheidaer Flur. Die Ausführung dieser Absicht war
leider durch die Zeitumstände noch erschwert, geht aber jetzt
der Verwirklichung entgegen.
Die besprochene Genossenschaft ist Mitglied des
„Verbandes gemeinnütziger Krieger-
siedlungen“.
Dieser Verband ist gleichfalls als E. G. m. b. H. in Leip-
zig begründet worden, besteht jedoch aus Siedlungskörper-
schaften gemeinnützigen Aufbaues in Mittel= und Nord-
deutschland. In der ausgedehnten Baustube des Verbandes
lassen die angeschlossenen Körperschaften zur Verbilligung
ihrer Unkosten laufend ihre gesamten Bauplanungen bear-
beiten (Ende 1919 rund 1000 Heimstätten). Der Verband
besorgt aber auch einzelne rechtliche, volkswirtschaftliche,
organisatorische, kaufmännische und technische Aufgaben für
seine Mitglieder, gesteigert bis zur Übernahme der gesamten
Geschäftsführung für die Mehrzahl der ihm angeschlossenen
Genossenschaften mit entsprechend eingearbeitetem Mit-
arbeiterbestande.
Gewiß wäre noch manches Wichtige zu besprechen, so die
Angestellten-Heimstätten, die Möbelfrage, die Anwendung
der sparsamen Bauweise, die Frage Heimstätten und Obst-
bau, Gegenstände indes, die für Sachsen nicht besonders
charakteristisch sind, wir verweisen darum auf die einschlä-
gige Literatur, besonders auf den „Siedler“, auf die
Zeitschrift für Wohnungswesen, das Organ zu-
gleich des Landeswohnungsamtes, und auf die „Volks-
wohnung“. ·
Wir schließen mit einer Angabe über die Höhe des
Wohnungsbedarfs in Sachsen und die seiner bis-
herigen Befriedigung. Nach vorsichtigen Schätzungen
des Landeswohnungsamtes beträgt die Zahl der fehlen-
den Wohnungen rund 25 #000. Obwohl die Bevölke-
rung um 10—200% an vielen Orten zurückgegangen ist, ist
der Wohnungsbedarf, der sich eben nicht nach der Kopfzahl,
sondern nach der Zahl der Haushaltungen richtet, noch
gestiegen und steigt weiter. Vom Landeswoh-
mungsamt wurde für 4850 Wohnungen Bezu-
schussung gewährt, von denen etwa 3¾ im Laufe des
Jahres fertiggestellt sein dürften. Es wurde also etwa ½
der fehlenden Wohnungen durch Neubauten erstellt. Im
ganzen sind in Sachsen an Baukostenzuschüssen bis
Ende Oktober lolo etwas über 100 Millionen
Mark als Reichs-, Staats= und Gemeindezuschuß ins-
gesamt zur Verfügung gestellt worden. Die Reichs-
mittel sind vorläufig erschöpft, es gilt andere Wege zur
Lösung des Problems zu finden. Wir verweisen auch an
dieser Stelle auf den Vorschlag von Dr. Kampffmeyer,
siehe Seite 313.
C. Rückblick und Ausblick
Tantae molis erat Romanam condere gentem, sinngemäß
übertragen: solcher Mühe bedurft's, um Deutschlands Völker
zu siedeln, mit diesem Worte des Römers wird u. E. am
treffendsten im Blicke nach rückwärts die Lage gekenn-
zeichnet. Es ist, wie das Dargestellte auch dem Ferner-
stehenden zum Bewußtsein gebracht haben dürfte, erstaun-
lich, was in Ansehung des Gedankens der Kriegerheimstätte
und seiner Verwirklichung geleistet worden ist, erstaunlich
zumal, wenn man die Umstände bedenkt, unter denen es
vollbracht wurde, in einer Zeit, da der Krieg doch alle Kräfte
und alle Teilnahme in zunehmendem Maße in Anspruch
nahm, in einer Zeit wachsender Papiernot und bedeutender
Verkehrserschwerung, es ist erstaunlich — auch das darf
nicht unausgesprochen bleiben, —, welch hohes Maß von
Opfern an Mitteln der großen Sache gerade auch in unserm
Sachsen dargebracht worden ist, der Opfersinn hat sich
in herrlicher Weise betätigt — wir denken namentlich auch