fangenen, soweit das der Stoff= und Ledermangel zuließ,
ausbesserten.
Wir sehen, die deutsche Heeresverwaltung hat es auch
hier an nichts fehlen lassen, um den Kriegsgefangenen den
Aufenthalt im feindlichen Lande so erträglich wie möglich
zu machen.
2. Die Ernährung
Wichtiger fast als die Frage nach der Wohnung war die
nach der Verpflegung. Das ist richtig sowohl vom Stand-
punkte der Gefangenen als von dem des Ernährers aus ge-
sehen. Die Aufgaben, die diesem infolge der ungeheuren
Zahl der fremden Esser und der unerwarteten Länge des
Krieges erwuchsen, sind der JZahl nach unübersehbar und
im Hinblick auf ihre Schwierigkeit zeitweise beinahe un-
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oder Zelthäuserstädten, für die Verpflegungsgeräte in
so großem Umfange und in der kurzen zeit zu beschaffen
beim besten Willen nicht möglich erschien. Da mußten die
Gefangenen zunächst aus den benachbarten Truppenküchen,
die infolge der kriegsstarken Truppenteile auch schon über-
lastet waren, gespeist werden. Kamen sie nachts an, so
stand allerdings das erste Mahl sogleich bereit; aber da
nicht selten 5—6000 Mann darauf warteten, so galt es
für die letzten Hunderte dieser ausgehungerten Gesellen,
eine schwere Geduldsprobe zu bestehen. Die erschien be-
sonders den Russen furchtbar, die an Magenerweiterung zu
leiden schienen, denn sie gebärdeten sich sogar nach dem ersten
Nachtmahle wie hungrige Wölfe, als ihnen nicht ein ganzes
Brot, sondern nur zwei bis drei Pfund davon verabreicht
Gefangenenlager Zwickau
lösbar gewesen. Stellte man sie alle wohlgeordnet neben-
einander mit ihren mehr oder weniger gelungenen Lösungen,
mit den nötigen Untersuchungen und Versuchen, mit den
unzähligen Verordnungen und Anweisungen, so erhielte man
nicht nur eine fesselnde, weil erstaunlich reichverschlungene
Entwicklung des Ernährungswesens in den deutschen Kriegs-
gefangenenlagern, sondern eine ganz neue Wissenschaft. Es
kann hier nicht darauf ankommen, beides auch nur in den
Grundzügen darzustellen. Aber die Vielgestaltigkeit der
Schwierigkeiten, die Riesensumme der Arbeit, die deutsche
Gewissenhaftigkeit sollen im allgemeinen und an einzelnen
Beispielen gezeigt werden, damit der Leser sieht, wir können
selbst auf diesem Gebiete nicht nur mit bestem Gewissen,
sondern auch mit greifbaren Beweisen vor unsere einstigen
Feinde treten und sagen: „So handelte ein ritterliches und
gebildetes Volk trotz aller bittersten Entbehrungen am
eigenen Leibe.“
Als Ende August 1914 die ersten Züge mit Kriegs-
gefangenen in Sachsen eintrafen und diese nach den vor-
bereiteten Lagern geführt wurden, da gab es zwar keine
Schwierigkeiten der Verpflegung in den dafür in Frage
kommenden Truppenhallen, weil hier schon in Friedenszeiten
alle für eine Massenspeisung notwendigen Einrichtungen
vorhanden waren, wohl aber in den neuerrichteten Holz-
werden bonnten; ja ihr Magen war so leistungsfähig, daß
später eimmal 60 Mann, die Kartoffeln und Rüben zu-
bereiteten und als Lohn für ihre fleißige Arbeit zur
Mittagskost die Menge vorgesetzt erhielten, die für etwa
500 Mann berechnet war, den Inhalt dieser Kübel rest-
los aufzehrten, am Nachmittage aber bereits wieder an
grünen Rüben kauten. Am lichten Tage, wo die Küchen auch
für die überzahlreichen deutschen Wehrleute zu sorgen
hatten, zog sich die Verpflegung der Gefangenen sehr in
die Länge, manchmal über den ganzen Tag bin. Es kam
die ersten Tage vor, daß man vormittag um 10 Uhr die
letzten Russen mit den Kaffeeimern durchs Lager ziehen
sah, streug bewacht von deutschen Landsturmleuten.
Nach und nach verschaffte sich das Kriegsgefangenenlager
selbst die nötigen Einrichtungen zur Verpflegung seiner
Insassen. Diese wurde von der Heeresverwaltung in
der Zeit vom August 1014 bis Frühjahr lols in die Hände
von Unternehmern gelegt. Sie erhielten als Verpflegungs-
satz auf Kopf und Tag o,60 Mark und hatten dafür die
volle Tagesverpflegung außer Brot zu liefern, d. h. das
Gleiche wie die Heeresverwaltung für ihre Truppen im
Lande zu leisten. Die Kost sollte ztwar einfach, aber sättigend
sein und sowohl die Arbeitsleistungen als auch die Heimat-
gewohnheiten der Gefangenen berücksichtigen. Es war