darum, so gut es eben ging, damit, daß sie zur Anfertigung
der Oberkleidung das freie Handwerk heranzogen und die
Stoffe im Handel aufzukaufen suchten. Später traten die
Kriegsbekleidungsämter als Lieferstellen mehr und mehr
in den Vordergrund, und die Sicherstellung der Rohstoffe
erfolgte einheitlich für das ganze Reich durch das Be—
kleidungsbeschaffungsamt des Preußischen Kriegsministe-
riums in Berlin. Die Besehlagnahme der Web-, Wirk= und
Strickwaren, die durch den Mangel an Nohstoffen not-
wendigerweise eintreten mußte, führte dazu, den Lagern den
Eriverb von Bekleidungsstücken im regelrechten Handel zu
verbieten, ebenso den Arbeitgebern den Ankauf von Kriegs-
gefangenen-Arbeitskleidung. Die außerhalb der Heeresbe-
stände vorhandenen Vorräte sollten eben ganz und gar der
auch schon notleidenden Bevölkerung zugute bommen. Die
Lager hatten dafür ihren Bedarf an Kriegsgefangenenklei-
dung bei den Kriegsbekleidungsämtern anzumelden. Diese
sorgten für rechtzeitige und genügende Lieferung, so daß
die Gefangenen allenthalben mindestens ebenso sich kleiden
konnten wie die deutsche Bevölkerung.
Viele erhielten ja außerdem, wie schon angedeutet, Be-
kleidungsstücke als Liebesgaben. Das war schon immer
zulässig. Dagegen verbot die Heeresverwaltung wiederholt
Einzel= und Sammelsendungen der feindlichen Regierungen,
weil sie sich nicht nachsagen lassen wollte, sie vernachlässige
die im Haager Abkommen festgelegte Verpflichtung, für die
Bekleidung der Kriegsgefangenen zu sorgen. Die Not der
Jeit aber zwang sie dazu, auch dies Verbot aufzuheben. Die
übersandten Bekleidungsstücke mußten, soweit Oberkleidung
in Frage kam, entweder vorschriftsmätige Wehranzüge des
sendenden feindlichen Staates sein oder aus Rock und Hose
von schwarzem oder dunklerem Stoffe bestehen, die beide
dann mit den vorschriftsmäßigen Abzeichen zu versehen
waren. Erklärte sich der Empfänger mit dieser Maßnahme
nicht einverstanden, so erfolgte die Aufbewahrung oder
Jurücksendung der Stücke.
Ganz besondere Aufmerksamkeit verwendete die Heeres-
verwaltung auf die Beschaffung der Fußbekleidung für
Gefangene. Diese wurde von den Ersatztruppenteilen und
vom Juli 1016 ab von dem in Chemnitz errichteten Be-
kleidungs-Instandsetzungsamte geliefert und bestand in Stie-
feln und Schnürschuhen, die für Heereszwecke nicht mehr
tauglich schienen. Da ihre Zahl bald nicht mehr ausreichte,
so griff man zu Holzschuhen und Zweischnallern, d. h. zu
Schuhen mit Holzsohle und ledernem Oberteile. Diese ver-
wendeten die Gefangenen dort, wo sie Lederschuhwerk nicht
unbedingt brauchten, und als zweites Paar Schuhe. Die
Lieferung des gesamten Bedarfes an Holzschuhen für die
Heeresverwaltung übernahm schon 1916 das Bekleidungs-
Beschaffungsamt. 3u gleicher Zeit richtete man in Duisburg
ein Holzschuhlager als Abnahmestelle ein.
Freilich all diese Vorkehrungen genügten nicht, wenn man
der wachsenden Zahl der Gefangenen und dem zunehmenden
Bedarfe des deutschen Heeres gerecht und der rasch fort-
schreitenden Lederknappheit Herr werden wollte. Man mußte
auf die Beschaffung von Ersatzstoffen sinnen. So kamen
die Holzsohlen und die Papierstoffgewebe auf. Oaraus
liessen die Kriegsbekleidungsämter einen Einheitsschnürschuh
für Gefangene herstellen. Der bestand aus Holzsohle, Pa-
pierstoffgewebe und Lederabfällen. Diese dienten nur als
Besatz, Einfassung und Unterlage. Neben dem von der deut-
schen Heeresverwaltung gelieferten Schuhwerke durften die
Giefangenen auch ihr eigenes tragen.
Die Kosten für die gesamte Bekleidung der Kriegs-
gefangenen teug die deutsche Heeresverwaltung, auch die für
Beschaffung der Arbeitsbleidung auflaufenden, denn diese
wurden zwar von den Arbeitgebern zunäehst bestritten, ihnen
dann aber in Teilbeträgen von höchstens 30 Pfennigen für
Kopf und Arbeitstag zurückerstattet. Die Deckung sollte
ihre Tragezeit wesentlich zu verlängern.
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vornehmlich aus den Ersparnissen an Verpflegungogeldern
und der Pacht von Verkaufssiellen erfolgen, dann aber
auch aus den Summen, die zur Bestreitung der Neben-
bedürfnisse der Gefangenen — 3 Pfennige auf Kopf und
Tag — diente. Dies Verfahren erwies sich jedoch als
unzweckmäßig, weil dabei die Ubersicht über die einzelnen
Kassen verloren ging, und weil die verfügbaren Mittel nicht
ausreichten. Es blieb nichts anderes übrig, als die gesamten
Kosten auf den Kriegshaushaltplan, und zivar auf den
Teil des Gefangenenwesens, zu übernehmen.
Neben der Beschaffung der Kleidungsstücke spielte auch
deren Ausbesserung nach Gebrauch eine große Nolle. Jedes
Lager richtete darum Schneider= und Schuhmacherwerk-
stätten ein, die im Laufe der Zeit sich zu wahren Un-
getümen auswuchsen. Die Arbeit leisteten auch hier die
Kriegsgefangenen als Berufsarbeiter unter deutscher Auf-
sicht selbst. So wurden in jedem der sächsischen Mann-
schaftslager je nach ihrer Größe 40—6"5 Arbeiter in dieser
Weise beschäftigt und monatlich 2000—8000. Bekleidungs-
stücke ausgebessert oder umgearbeitet. Sogar die großen
Arbeitsabteilungen, die in den verschiedensten Orten Sachsens
entstanden waren, richteten solche Flickstuben ein. Die klei-
neren und kleinsten gaben die ausbesserungsbedürftigen
Stücke, soweit sie nicht von den Gefangenen selbst wieder
bergestellt werden konnten, an das Stammlager oder an
das nächstgelegene große Arbeitslager ab. Die Ausbesse-
rungöstoffe lieferte die Heeresverwaltung durch die Kriegs-
bekleidungsämter, die Truppenplatzverwaltungen und in ver-
einzelten Fällen durch Händler. Über die Verwendung
herrschte strengste Aufsicht. Durch all diese Maßnahmen
gelang es, die Bekleidungsstücke rechtzeitig auszubessern und
Der allmählich
eintretende Mangel an Flickstoffen und Nähzwirn hob leider
die Wirkung teilweise wieder auf.
Auch die Kosten der Instandhaltung aller Gefangenen=
kleidung bestritt die Heeresverwaltung. Nur in Sachsen be-
stand in dieser Beziehung eine Ausnahme insofern, als die
Arbeitgeber, die Kriegsgefangene ohne Bewachung beschäf-
tigten, die Ausbesserungsarbeiten auf ihre Kosten ausführen
lassen mußten zum teilweisen Auögleich dafür, daß sie die
Zulagen an die Wachtleute und als landwirtschaftliche Arbeit-
geber die Unterbringung und Verpflegung der Posten er-
sparten. Die Kleiderreinigungskosten für die im Stamm-
lager sich aufhaltenden Kriegsgefangenen wurden aus dem
erwähnten Fünfpfenngstock bestritten, während sie von den
auf Arbeit gehenden aus ihrem Verdienste gedeckt werden
mußten.
Besondere Bestimmungen regelten die Bekleidung der
als Bürger Gefangenen, der Deutschrussen und der kriegs-
gefangenen Offiziere.
Jene hatten für ihre Kleider selbst zu sorgen und sie vor
allem selbst zu bezahlen. Nur wenn ihnen hierfür die
Mittel fehlten, und ihre Kleidungsstücke unbrauchbar ge-
worden waren, bleidete sie die Heeresverwaltung wie die
Kriegsgefangenen ein. Da die beiden Voraussetzungen in
den meisien Fällen vorlagen, so erhielten sie ihre Beklei-
kleidung eben aus den Beständen der Stammlager. Erst
seit Einführung des Bezugscheinverfahrens war das nicht
mehr statthaft; die Beschaffung der notwendigen Kleidung
hatte vielmehr auf dem Wege des Ankaufes ium freien Handel
zu erfolgen. Den Bezugschein stellte die Behörde des Be-
reiches aus, zu dem das Stammlager gehörte, in dem
sich der Gefangene aufhielt, und zwar nur, wenn die un-
bedingte Notwendigkeit der Beschaffung durch den Lager-
befehlshaber bescheinigt war.
Auch die einzeln untergebrachten oder in einer reinen
Deutscheussenakteisum arbeitenden deutschrussischen Kriege-
gefangenen hatten sich ihre Kleidung auf dem gleichen Wege
zu beschaffen. Allerdings erbielten sie dazu von der Heeres-