inneren Dienst geeignet, als stubenkrank oder als kranken-
hauslägrig. Das fiel ihm nicht immer leicht, denn unter
den Kriegsgefangenen spiegelten viele nicht selten Krank-
heiten vor, um sich unangenehmen Arbeiten zu entziehen
oder die Wege für späteren Austausch zu ebnen. Dafür
sprachen zahlreiche in den Heimatsendungen vorgefundene
Heil= und Kräftigungsmittel. Darum behielten die Lager
alle solche Arzeneien inne. Sie gewährten dafür die zur
Heilung notwendigen unentgeltlich, es sei denn, daß Kriegs-
gefangene Sonderwünsche aussprachen. Als verantwortlich
für die Verabreichung galt allein der zuständige Arzt.
Lungen-, Gicht= und Gelsteskranke vereinigte man je in
einem besonderen Lager, die ersten in Sprottau, die zweiten
in Colberg, also außerhalb Sachsens, die dritten aber in
Arnsdorf bei Dresden.
Auch für die Zahnbehandlung der Kriegsgefangenen sorgte
das Lager hinreichend.
Den rein gesundheitlichen Maßregeln gingen die Sauber-
keitsmaßnahmen zur Seite. Den größten Wert legte das
Lager auf wiederholte Durchsäuerung der Kleider und
Wäsche, auf peinliche Entlausung und allgemeine Sauber-
keit. Es ordnete darum Kleiderdurchsichten an und ließ
die Leute regelmäßig zum Bade führen. Kein Kriegs-
gefangener, der von einer Arbeitsabteilung zurückkehrte,
durfte sich unter die Lagerbewohner mischen, ohne daß seine
Bekleidung durchsäuert und entlaust war, keiner auf Arbeit
gehend das Lager verlassen, ohne sich der gleichen Behand-
lung unterworfen zu haben.
Nicht einfach erschien die Reinhaltung der Aborte, und
doch mußte ihr die größte Bedeutung beigemessen werden,
wie jede Haushaltung und jedes Gemeinwesen weiß. Erst
im Laufe der Fgeit ließ sich hier ein Musterzustand er-
reichen, aber auch nur in den größten Lagern, wo eine
sachgemäße Behandlung der Abwässer möglich war.
Die Fürsorge der Heeresverwaltung für die Gesundbeit
der Gefangenen erstreckte sich aber nicht nur auf die Gegen-
wart, sie dachte auch auf die Zukunft. In Dienstbeschädi-
gungslisten legte man alle Vorkommnisse, die der Gesund-
heit der Leute abträglich gewesen waren, und auf Grund
deren diese bei ihrer Heimatobrigkeit Versorgungsansprüche
erheben konnten, peinlich genau fest. Der Verletzte erhielt
nach seiner Genesung über seinen Unfall einen Ausweis zu
seinen Papieren, die er ja im Falle des Austausches oder
der allgemeinen Heimbeförderung mitnahm. Allerdings
händigte man ihm diesen Ausweis nicht aus, wenn eine
teilweise oder völlige Erwerbslosigkeit nicht mehr vorlag.
Die Entscheidung darüber wurde durch ein gewissenhaftes,
darum oft umständliches Verfahren herbeigeführt.
Wie die Unfälle in die genannten Listen, so wurden alle
Krankheiten oder Erkrankungen genau in die Krankenblätter
eingetragen, die dem Stammlager verblieben. Endlich führte
dieses auch Arbeitsverwendungskarten ein, die den Kriegs-
gefangenen auf alle Fahrten begleiteten. Darin stand, in
welchem Grade jeder arbeitsverwendungsfähig war. Mit
dieser Einrichtung verfolgte es neben andern vor allem den
Zweck, die Kriegsgefangenen vor gesundheitsschädlichen Ar-
beiten, d. h. hier vor überanstrengenden Leistungen zu be-
wahren. Der Grad ihrer Leistungsfähigkeit wurde in ge-
wissen Zeitabständen erneut durch den Arzt festgestellt.
Weiter bann eigentlich die Sorge um die Gesundheit eines
Menschen nicht reichen. So ist manch einer gesund in die
Heimat zurückgekehrt, der vor Jahren krank und elend im
sächsischen Kriegsgefangenenlager eintraf.
5. Der Verkehr mit der Außenwelt
Grundsätzlich durften Kriegsgefangene mit der Außen-
welt persönlich nicht verkehren. Wo es nötig wurde, z. B.
auf den Einzelarbeitsabteilungen, da geschah es entweder
unter Aufsicht oder in genau umgrenztem Maße. Diese Ein-
Sachsen in großer Jeit. Band lII
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schränkung der persönlichen Freiheit mußten sie, da der
Mensch nun einmal ein gesellschaftliches Wesen ist, sehr
hart, ja als seelische Schädigung empfinden. Da eine solche
aber mit den gesundheitlichen Bestrebungen der Lager in
Widerspruch gestanden hätte, so trachtete man darnach, sie
ganz zu verhindern oder wenigstens zu mildern. Aus diesem
Grunde ersetzte man den persönlichen Verkehr der Kriegs-
gefangenen mit der Außenwelt durch ihren Briefwechsel mit
der Heimat. Der forderte eine straffe Regelung und scharfe
Überwachung. Beides lag der Postprüfungsstelle ob, die
jedes Lager eröffnete. Sie hat zum Segen der Kriegs-
gefangenen eine gewaltige Arbeit geleistet. Galt es doch,
die Riesenzahl der aus= und eingehenden Briefschaften,
Pakete und Gelder ohne Stockung zu befördern, vor allem
aber inhaltlich zu prüfen, um das deutsche Vaterland vor
Schaden zu behüten oder Vorteile für es herauszuschlagen.
Die wichtigste Voraussetzung für eine glatte Abwicklung
solcher zahllosen Geschäfte bestand darin, daß aller Post-
verkehr eines Kriegsgefangenen über sein Stammlager ge-
geleitet wurde, ganz gleich, ob er sich dort aufhielt oder
nicht, und eine wesentliche Erleichterung bildete die Fracht-
freiheit jeder Postsendung, sofern sie den Vormerk „Kriegs-
gefangenensendung“ trug. Ferner erschien es geboten, die
Schreibfreiheit der Gefangenen auf ein bestimmtes Maß
zu bringen, um eine Uberlastung der Post und der Prü-
fungsstellen zu vermeiden. So sollte jeder berechtigt sein,
wöchentlich eine Postkarte und monatlich zwei Briefe von
vier, soweit Mannschaften in Frage kamen, und von sechs
Achtelseiten, sofern er Offizier war, zu schreiben, und zwar
anfangs mit Blei= oder Tintenstift, später aber zur Er-
leichterung der prüfenden Leser und sicheren Erhaltung der
Schrift mit Tinte und Feder. Ganz verschieden groß waren
dabei die Karten und Briefe, die die einzelnen Lager zuließen.
Erst Ende 1017 führte das Preußische Kriegsministerium
ganz allgemein den ungemein zweckmäßigen Kartenbrief zur
Verwendung ein, ohne allerdings die Zahl der Zeilen an-
zugeben, die infolgedessen in den Lagern verschieden blieb.
Für die eingehende Post kamen natürlich derlei Einschrän=
kungen, einheitliche Formen usw., nicht in Betracht.
Um einen Begriff von der unglaublichen Jahl der Post-
sendungen, die im Laufe des Krieges in den sachsischen
Lagern aus= und eingingen, zu bekommen, muß man sich
einmal die eines einzigen Monats vergegenwärtigen. Ich
greife den Monat Juli 1018 heraus, der wahrscheinlich eine
Höchstleistung darstellt, und berücksichtige nicht nur, wie
eigentlich zu erwarten, den Brief-, sondern vorgreifend zu-
gleich auch den Geld= und Paketverkehr, um das Gesamt-
bild nicht zu zerreißen, und zwar getrennt nach Mannschafts-
und Offizierslagern, nach Eingängen und Ausgängen, in
beiderlei Hinsicht geordnet nach der Herkunft der Kriegs-
gefangenen, weil der kundige Leser daraus allerhand fesselnde
Schlüsse ziehen kann:
A. Mannschaftslager
1. Eingang
- : Post= Postan= Betrag Brief-
berkunft Briefe karten weisungen Mark Pakete päckchen
Franzosen. k 46933 1526 — 20501,40 73587 3476
0)
Belgier K 7 3 — — — —
Engiänder. 9695 4220 148 = 1273,20 26040 1831s
Russen. 544 5210 882 = 22700,41 2272 —
(4170)
Serben 157 2222 15— 990,32 232 —
(118)
Rumänen — 300 1— 10,00 37 —
Ftaliener 1071 58641 1130 22062.65 16042 —
(11157)
Die in der Briefreihe geklammerten Zahlen bedeuten Briefe und
Karten des Lagers Bautzen.
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