Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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Schweden 113, Luxemburger 105, Norweger 41, Per- 
ser 19, Spanier 16, Argentinier 4, Cbilenen 3, Staa- 
tenlose 71. Zusammen 1139. 
3. Aus den besetzten Gebieten und Angehörige der feind- 
lichen Staaten: Polen 1200, Livländer 36, Kurländer 
40, Littauer 42, Balten 24, Finnländer 24, Ukrainer 
24, Estländer 4, Russen 397. Demnach Angehörige 
des ehemaligen russischen Reiches zusammen 1829. 
Dazu: Rumänen §72, Belgier 26, Amerikaner 14, 
Griechen 12, Engländer 9, Italiener 6, Peruaner 6, 
Serben §, Venezolaner 4, Brasilianer 3, Franzosen 2, 
Uruguayer 2 und Albanier 1, zusammen 142 oder 
mit den Russen 1971. 
4. Deutsche aus dem verbündeten oder neutralen Aus- 
land 250. 
Insgesamt waren also 6430 Meßbesucher aus dem Aus- 
land erschienen. Die Tatsache, daß „feindliche Aus- 
länder“ diese Leipziger Messe besucht hatten, hatte mancher- 
orts zu Beunruhigungen oder zu Mißdeutungen Anlaß ge- 
geben. Es handelte sich aber hierbei nicht um solche Aus- 
länder, die aus den feindlichen Ländern über die neutralen 
Staaten gekommen waren, vielmehr kamen hier nur feind- 
liche Ausländer in Frage, die seit langen Jahren, meist 
schon von der Geburt an, in Deutschland ansässig waren 
und bei deutschen Firmen deutsche Handelsinteressen ver- 
traten. Nach peinlichster Prüfung durch die Zivilbehörden 
und die zuständigen Generalkommandos wurden ihnen die 
Pässe zur Reise nach Leipzig zugestellt. Unter den neun 
Engländern befanden sich z. B. solche, die bei Kriegs- 
ausbruch in Deutschland interniert wurden, später aber 
auf Reklamation ihrer Firmen wieder freigegeben wurden, 
da einwandfrei festgestellt worden war, daß ihre Wirk- 
samkeit in Deutschland lediglich deutschen Interessen 
diente. 
Einen, wenn auch nicht allumfassenden Anhalt für die 
Einschätzung des Wertes des Leipziger Messe-Auslands= 
geschäftes kann man in den Angaben des Meßamtes er- 
blicken, das folgendes mitteilte: 
Dem Meßamt wurden nach der Herbstmesse 1018 ins- 
gesamt 4032 Anträge auf Auofuhrbewilligung für auf 
der Messe erteilte Bestellungen über einen Gesamtbetrag 
von 212 816 882 Mark zur Abstempelung vorgelegt. Nach 
der Frühjahrsmesse 1918 betrug die Zahl der Anträge nur 
2012 über 50 070 243 Mark, nach der Herbstmustermesse 
1917 nur 2009 Anträge über 10 570947 Mark. Wie ge- 
sagt: Diese Zahlen geben kein vollständiges Bild, weil eine 
Reihe der wichtigsten Meßartikel (z. B. Porzellan und 
Steingut) ohne besondere Erlaubnis ausgeführt werden 
dürfen. Immerhin erhellt aus der Ziffer der letzten Kriegs- 
messe, wie gewaltig der Umfang der während ihrer Dauer 
erteilten Aufträge gewesen sein muß. Solche Feststellungen 
freilich konnten für das messekonkurrenzsüchtige feindliche 
Ausland nichts Erfreuendes haben. 
Mit dieser Messe schloß für Leipzigs uralte Völkermärbte 
die „Große Zeit“ ab. Sie war auch für die Messen in 
Wahrheit eine „große Zeit“ gewesen, die größte im Laufe 
der Jahrhunderte, die Leipzigs Messen erlebt haben. Vom 
gedrücktesten Kleinmut im August 1914 zu einem Meß- 
siegesfest nach dem andern, ja man bann hinsichtlich der 
letzten Kriegsmessen fast von einem Meßtaumel sprechen, 
keinesfalls aber in dem üblen Sinne, den das Wort Tau- 
mel meist zu haben pflegt. Leipzig und mit ihm Sachsen, 
ja das ganze Deutsche Reich und Volk, sie können stolz 
sein auf die wunderbare Entwicklung dieser dem inter- 
nationalen friedlichen Wettbewerb gehörenden Märkte, die 
glanzvoll verliefen mitten im furchtbarsten Kriege aller 
Zeiten. 
Auch die Revolution hat diesen Lauf zu weiteren Höhen 
nicht aufzuhalten vermocht: Die Frühjahrsmesse 1919 
brachte 8325 ausstellende Firmen, 64 000 Einkäufer und 
eine Gesamtbesucherzahl von 95 000 Seelen. Die Herbst- 
messe 1919 brachte (nach vorläufigen Zählungsergebnissen) 
0583 Ausstellerfirmen, 88 000 Einkäufer und rund 118 000 
Gesamtbesucher, darunter rund lo do# Ausländer! 
Da verlohnt es sich, einmal über die Grenze zu lauschen, 
unsere feindlichen Bedrücker zu hören. Kurz nach der Früh- 
jahrsmesse 1919, der Messe der Übergangszeit zwischen 
Waffenstillstand und sogenanntem Friedensschluß, schrieb 
ein französisches Blatt: 
„Vielleicht haben die Blätter der Entente nicht genügend 
auf den wahrhaft kolossalen Erfolg hingewiesen, den die 
wirtschaftliche Veranstaltung unserer Feinde gehabt hat, 
einen Erfolg, der ohne Vorgang ist. Es ist ein Fehler, 
denn wir ersehen daraus, wie groß die Schaffenskraft 
Deutschlands ist noch in dem Augenblicke, wo es geschlagen 
ist und uns militärisch nicht mehr schaden kann. Für alle 
fremden Besucher, auch für die einzelnen Amerikaner, Eng- 
länder, Franzosen und Italiener von den fremden Missionen 
in Deutschland, die sich über die Leipziger Messen hatten 
ein Urteil bilden wollen, gab es Bewunderung und Ver- 
blüffung. Jeder hatte den Eindruck oder vielmehr die Über- 
zeugung, daß die deutsche Industrie alle Maßnahmen ge- 
troffen hat, um die fürchterliche wirtschaftliche Schlacht 
von morgen zu bestehen 
Das war einmal ein ehrliches Wort unseres feindlichen 
Nachbarn im Westen! Es soll Geltung haben für unser 
jetzt scheinbar so todestvundes deutsches Vaterland! Es 
soll uns aufmuntern und unser Selbstbewußtsein stärken 
und uns Hoffnung einflößen für die Zukunft. 
Leipzigs Messen werden stark bleiben, werden immer 
mehr an Lebens= und Wirkenskraft gewinnen. Sie haben 
im Laufe der Jahrhunderte Schweres überstanden, sie haben 
die Vollkraft ihres gewaltigen Einflusses auf Deutschlands 
Industrie und Handel so herrlich wie nie zuvor betätigt 
im Weltkriege 1914—1918, in Deutschlands und damit 
in Sachsens großer Zeit!
	        
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