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Hinsicht etwas geschehen muß. An dem gegenwärtigen Sy—
stem der Zwangswirtschaft für unentbehrliche Lebensmittel
muß zunächst noch festgehalten werden. Der allmähliche
Abbau läßt sich erst ins Auge fassen, sobald der Vorrat an
Nahrungsmitteln den freien Verkehr wieder ermöglicht.
Die Maßnahmen zur Milderung der bereits be-
stehenden und vieler Orten noch drohenden Wohnungs-
knappheit werden mit Nachdruck gefördert werden. Die
Hauptsache bleibt, daß die Möglichkeit, ohne Verlust zu
bauen, durch öffentliche Zuschüsse geschaffen wird. Die Be-
teiligung des Reichs hieran wird hoffentlich in allernächster
Feit sichergestellt werden; für die Beteiligung des Staates
werden die Mittel im Nachtrag zum außerordentlichen Staats-
haushaltplan 1918/19 angefordert werden. Die Mitarbeit
der Gemeinden und nicht zuletzt auch der Industrie wird
bestimmt erwartet. Auch bei der Bereitstellung von Land
wird der Staat dort, wo er solches besitzt, im Bedarfsfalle
seinen Beistand nicht versagen. Für die Beschaffung der
Baustoffe ist die Beschaffung der Kohlen für die be-
teiligten Hilfsindustrien von größter Bedeutung. Freilich,
meine Herren, wollen wir uns nicht verbehlen: völlig zu
beheben wird der Wohnungsmangel nicht so bald sein. Die
Wohnungen, die in den vier Kriegsjahren zu bauen gewesen
wären und die nicht gebaut werden konnten, in zwei oder
drei Monaten zu errichten, liegt in keines Menschen Macht.
Da werden vorläufige Behelfe eintreten, und da wird die
Einsicht und Geduld, die unser schwergeprüftes Volk wäh-
rend der Kriegsjahre so oft gezeigt hat, ihr Ubriges tun
müssen.
Fast unabsehbar ist die Fülle der Aufgaben, die sich
auf dem Gebiete der inneren Verwaltung dar-
bieten, und die gewöhnlich unter dem Wort Verwaltungs=
reform zusammengefaßt werden. Die Schwierigkeit liegt
zum Teil darin, daß diese Probleme unter sich vielfach zu-
sammenhängen; es sei nur an die Behördenorganisation, die
Dezentralisation der aufsichtsbehördlichen Entschließungen,
die Einschränkung der Gemeindeaufsicht, das Staats= und
Geineindebeamtenrecht, die ÜUberprüfung der Gemeindeord-
nungen, die Rechtsverhältnisse der Bezirbsverbände, die Ar-
mengesetzgebung erinnert. Die neue Regierung ist bereit
und gewillt, an die Lösung dieser Fragen im Sinne einer
freiheitlichen, vom vollen Vertrauen des Staates getragenen
Weiterentwicklung der Selbstverwaltung heranzutreten, und
wird die Vorarbeiten ungesaumt in Angriff nehmen. Aber
sie macht schon heute auf zweierlei aufmerksam: einmal,
dass man mit der Herausnahme einzelner Fragen sehr vor-
sichtig sein muß (Sehr richtigl), wenn man nicht haltloses
Stückwerk fertigen will (Sehr richtig!), und daß man daher
zunächst einen großen Grundplan haben muß (Sehr rich-
tig!); und zum andern, daß die Selbstverwaltungskörper
einen billigen Anspruch darauf haben, bei der Vorbereitung
von Vorlagen, die in ihre Rechtsbeziehungen eingreifen und
für ihre Entwicklung von großer Bedeutung sind, wie ihrem
Gutachten gehört zu werden. (Sehr richtig!)
Bei der Größe der Probleme wird selbstverständlich nur
eins nach dem andern in Behandlung genommen werden
können. Zunächst gedenkt die Regierung — nach Verabschie-
dung des Landtagswahlrechts und nach vorgängigem Ein-
vernehmen mit den Gemeinden an eine Reform des
Gemeindewahlrechts in freiheitlichem Sinne
heranzutreten. Die vieler Orten bestehenden, auf der Ein-
kommensteuer aufgebauten Klassenwahlrechte, die den Ein-
fluß der kleineren Steuerzahler auf die Gemeindeverwaltung
empfindlich verk#rzen, entsprechen dem heutigen Rechts-
gefühl nicht mehr und müssen durch ein gerechteres Wahl-
system ersetzt werden, Bevorrechtigungen einzelner Gruppen
müssen fallen. Das sogenannte Hausbesitzerprivileg ist min-
destens in den größeren Städten des Landes nicht mehr
innerlich begründet (Sehr richtig!), in den bleineren Städten
aber zum wenigsten ganz bedeutend einzuschränken. Das
Selbstbestimmungsrecht der Gemeinden auf dem Gebiete
des Wahlrechts soll wie überall nach Möglichkeit geschont
werden; aber seine Einschränkung ist hier, wie die bisherige
Entwicklung gezeigt hat, nicht zu vermeiden.
Außer einer Reform der inneren Verwaltung ist eine
durchgreifende Reform des Volksschulwesens
in Aussicht genommen.
Daß die Sorge der Regierung nach wie vor der Univer-
sität Leipzig gelten wird, bedarf kaum besonderer Er-
wähnung. Die Regierung ist sich in vollem Maße bewußt,
was die Universität für Sachsen und Deutschland bedeutet,
und mit welchen Schwierigbeiten ihr Lehrkörper im Kriege
zu kämpfen hat.
Eine bedauerliche und in das Volksleben tief eingreifende
Folgeerscheinung des Krieges ist die gewaltige Stei-
gerung der Preise für alle Gegenstände des Verbrauchs
und Lebensbedarfs, vor allem für die Lebensmittel. Bedauer-
lich ist diese Erscheinung für die Einzelwirtschaften der Ver-
braucher, von denen eine große Anzahl mit den zur Ver-
fügung stehenden Einnahmen den erhöhten Lebensaufwand
kaum noch notdürftig zu bestreiten imstande ist, beklagens-
wert nicht minder für alle Gemeinwirtschaften, deren Auf-
wand dadurch unverhältnismäßig anwächst, beklagenswert
für unsere ganze Volkswirtschaft. Wenn unserem Volke
das Durchhalten unter diesen schwierigen und drückenden
Verhältnissen vermöge seines Opfersinnes und seines ent-
sagungsvollen Sichschickens in Unvermeidliches gelungen
ist, so läßt sich doch nicht verkennen, daß ihm dieses Durch-
halten in hohem Maße erschwert worden ist durch die Tat-
sache, daß manche Kreise es verstanden haben, in selbst-
süchtiger Wahrnehmung des eigenen Vorteils aus der Not
der Volksgenossen eine Einnahmequelle zu machen (Zurufe
links: Leider!) und die wirtschaftliche Lage zur Erzielung
reicher Gewinne auszunutzen. Das allseitig hervortretende
Verlangen nach einer besonders wirkungsvollen steuer-
lichen Erfassung solcher Kriegsgewinne ist des-
halb verständlich und berechtigt. Durch das Kriegssteuer-
gesetz vom 21. Juni 1916 und neuerdings durch das Gesetz
über eine außerordentliche Kriegsabgabe für das Rechnungs-
jahr lols hat das Reich bereits Schritte in dieser Richtung
unternommen. Trotz der in diesen Gesetzen vorgesehenen
hohen Steuersätze und der sehr beachtlichen Erträge, die sie
geliefert haben und noch liefern werden, können die gesetz-
geberischen Maßnahmen zu einer dem Volksempfinden ent-
sprechend scharfen steuerlichen Erfassung der Kriegsgewinne
noch nicht als abgeschlossen gelten. (Sehr richtig! links.)
Die Regierung wird es als ihre Aufgabe betrachten, weitere
gesetzgeberische Maßnahmen des Reiches in dieser Richtung
in jeder Weise zu fördern und ihnen zur wirksamen Durch-
fübrung zu verhelfen. (Bravo! in der Mitte und links.)
Schließlich wende ich mich zu den Fragen der Beam-
tenpolitik. Für eine gedeihliche Betätigung des Staates
kommt es in unserer Zeit mehr denn je auf die persönliche
Tüchtigkeit der Beamten an. (Sehr richtig!) Aber auch
der Tüchtigste kann sich auf die Dauer nur bewähren, wenn
ihm der Staat eine gesicherte Exristenz gewährleistet. Gerade
nach dem Kriege werden wir zur Erfüllung der gewaltigen
Aufgaben, die uns bevorstehen, und ein hoch gqualifiziertes,
freudig und intensiv arbeitendes Staatsbeamtentum sichern
müssen (Bravol in der Mitte), das sich aus den Leistungs-
fähigsten aller Kreise rekrutiert. Ein Beamtenstand, den
in allen seinen Gliedern eine echte Staatsgesinnung, eine
unwandelbare Staatstreue beseelt, ist eine Staatsnotwendig-
keit.
Es wird deshalb eine der wichtigsten Sorgen der Staats-
regierung sein müssen, die Lage unserer in Krieg und Frieden
gleich ausgezeichnet bewährten Beamtenschaft so zu ge-
stalten, daß ihr bisheriges Ansehen, ihre moralische Unan=