tastbarkeit, ihre Leistungsfähigkeit und Dienstfreude voll
erhalten und gefördert werden. (Bravo! und Sehr gut!)
Die zahlreichen Wünsche und Bestrebungen der einzelnen
Beamtenkreise werden bei der Regierung ein williges Ohr
finden. Die Regierung fühlt mit jedem ihrer Beamten und
weiß sich mit ihm solidarisch verbunden. (Bravo!) Daß
auch jetzt nicht mit einem Schlage alle ihre Erwartungen
sich verwirklichen lassen, dieser Einsicht werden sich die Be-
amten in dieser schweren Zeit nicht verschließen. Sie können
aber darauf vertrauen, daß die Regierung vor erheblichen
Aufwendungen nicht zurückschrecken wird, wenn es gilt, un-
seren Beamten ein den Zeitverhältnissen entsprechendes
Diensteinkommen zu gewähren und sie dadurch vor Sorgen
materieller Art zu schützen. Und sie dürfen gewiß sein, daß
die Regierung nach Kräften ihre dienstliche Selbständigkeit
ausbauen und in ihnen die Persönlichkeit hochhalten wird.
(Sehr gut! Bravol)
Daß das geltende sächsische Beamtenrecht besserungs-
bedürftig und besserungsfähig ist, erkennt die Regierung an.
Unser altes, lange Zeit hindurch bewährtes Zioildienergesetz
wird trotz der Besserungen, die es dürch die Gesetzgebung
der neueren Zeit wiederholt erfahren hat, den Forderungen
der Zeit nicht mehr gerecht. Es bedarf der Erneuerung, eine
Aufgabe, an die wir in Bälde treten müssen.
Bei der Lösung dieser Aufgabe und der zahlreichen an-
deren auf dem Gebiete der Beamtenpolitik zu treffenden
Regelungen werden wir der Mitarbeit der Beamtenschaft
selbst nicht entraten können. (Sehr gut!) Ich habe das
volle Vertrauen zu den Vertretungen unserer Beamten, daß
sie bei allem Eifer für das Wohl des eigenen Standes ein-
sehen werden, wie die Interessen des Beamtenstandes mit
denen der übrigen Kreise der Bevölkerung und mit denen
das Staatsganzen im steten Einklang stehen müssen. (Sehr
gut!) Dann wird die berufliche Tätigkeit unserer Beamten
von dem Verständnis und Vertrauen aller Einsichtigen ge-
tragen werden.
Die Grundsätze, die ich für die Beamtenschaft entwickelt
habe, gelten in gleicher Weise für die Lehrerschaft.
Auch die Stellung der Staatsarbeiter, deren Lei-
stungen im Kriege von großer Bedeutung gewesen sind, wird
Gegenstand unserer besonderen Fürsorge sein.
Für die Gesamtpolitik des Landes soll künftig der
Staatsminister, der den Vorsißz im Gesamt-
ministeriumhat, den Ständen imerhöhten Maße
verantwortlich sein. Dadurch wird die Verantwort-
lichkeit der übrigen Minister für ihre Departements nicht
berührt. Es gilt aber, überall gewisse leitende Gesichtspunkte
der Politik zur Geltung zu bringen und namentlich die Ver-
tretung Sachsens im Reiche einheitlicher und damit
wirkungsvoller zu gestalten als bisher. (Sehr gut!) Die
erhöhte Tätigkeit des vorsitzenden Staatoministers bedingt
die Einrichtung einer Staatskanzlei, deren Chef
die Beziehungen Sachsens zum Reiche und diejenigen Fragen
der inneren Politik zu bearbeiten haben wird (Sehr gut!),
die einheitlich durch alle Ressorts durchgeregelt werden
müssen, wie beispielsweise die Reorganisation des Beamten-
wesens. Hier müssen gleiche Grundsätze für die Beamten
der verschiedenen Ressorts gelten.
Die Beziehungen, die Sachsen mit dem Reiche verknüpfen,
gedenkt die Regierung mit besonderem Eifer und besonderer
Hingebung zu pflegen (Bravol Sehr gutl), weiß sich
Sachsen doch als einer der ersten deutschen Bundesstaaten
auf Leben und Tod, auf Gedeih und Verderb mit dem
Reiche verbunden. (Lebhaftes Bravo!) Wenn feindliche
Stimmen einen Zerfall des Reiches in seine Einzelstaaten
prophezeien, so zeigen sie damit nur, wie völlig sie den
Geist des deutschen Volkes verkennen. (Sehr richtig!) Der
ungeheure wirtschaftliche Aufschwung, den Deutschland in
431
den letzten Jahrzehnten genommen hat, ist nur dadurch mög-
lich gewesen, daß es sich zu dem großen mächtigen Reiche
zusammengefunden hat. (Sehr richtig!). In alle Städte,
Gaue und Dörfer sind die Segnungen des Reiches einge-
zogen, haben sie Wohlstand und Fortschritt verbreitet. (Sehr
richtig!) Aber mehr noch als aus wirtschaftlichen Gründen
hängt Sachsen aus Gründen nationaler Natur und natio-
naler Begeisterung am Reiche, das die Sehnsucht vieler Ge-
schlechter endlich erfüllt hat (Sehr richtig!) und bis in die fernste
Jeit den Stolz kommender Geschlechter bilden wird. (Leb-
haftes Bravol) Sachsen ist Teil des Reiches und Mitträger
der Reichsgewalt. Dieser Stellung ist es sich bewußt. An
dem Aufbau des Reiches, der die Selbständigkeit der Ein-
zelstaaten in wunderbarer Weise mit der Einheit des Reiches
verbindet, wollen wir festhalten. Gerade diese Selbständig-
keit der Einzelstaaten gibt dem Reiche Festigkeit und führt
dem gesamten Vaterland eine Fülle lebendiger Kräfte zu.
Die Reichsangelegenheiten sind auch sächsische Angelegen-
heiten. Darum ist die sächsische Regierung gewillt, tat-
kräftig und voller Hingabe an der Entwicklung der Reichs-
angelegenheiten mitzuarbeiten, die Reichspolitik durch aktive
Teilnahme zu fördern, die besten Kräfte, über die Sachsen
verfügt, dem Reichsdienste vor allen Dingen zur Verfügung
zu stellen. Was unser Beamtentum angeht, so halte ich einen
regen Wechsel zwischen Reichs= und Landesdienst für wün-
schenswert (Sehr richtig!), derart, daß Sachsen die Be-
amten, die es ans Reich abgibt, bei Gelegenheit in den sächsi-
schen Staatsdienst zurücknimmt, um dann anderweit Be-
amte dem Reiche zu überlassen. Auf diese Weise lösen sich
die Reichsbeamten nicht von dem Boden, auf dem sie er-
wachsen sind, los, gewinnen die sächsischen Beamten den
weiten Blick, den ihnen die größeren Verhältnisse im Reiche
eröffnen.
Unser gesamtes öffentliches Leben sieht unter dem un-
geheuren Drucke der Gegenwart. Noch tobt #mn Westen die
gewaltigste Schlacht der Weltgeschichte. Völlig allein kämpft
Deutschland gegen eine Welt, und dennoch vertrauen wir
auf die Zukunft. Tiefe Wunden hat der Krieg und geschla-
gen und wird der Frieden lassen. Aber ein Volk, das im
Felde vier Jahre gegen eine ungeheure Übermacht ruhmvoll
gekämpft, das in der Heimat alle Entbehrungen willig ge-
tragen hat, ein solches Volk ist im Kerne gesund und kann
nicht untergehen. Ich will in dieser Stunde nicht nach den
Gründen der Katastrophe fragen. Soviel steht fest, inner-
lich morsch ist unser Volk nicht. Wir haben Anspruch auf
einen Frieden, der und die Entwicklungomöglichkeit läßt.
Die Menschheit muß endlich zur Ruhe kommen, soll nicht
das tausendjährige Kulturwerk Europas in Naus und Asche
aufgehen. Dieser Krieg muß der letzte sein. Das ist aber
nur möglich, wenn Deutschland im Frieden den Platz an
der Sonne erhält (Sehr richtig!), auf den es gerechten An-
spruch hat, und den es sich in Zukunft als freies Volk im
friedlichen Wettbetwerb mit anderen Völkern täglich neu er-
obern wird. —
Der kolossale Beifall, der der programmatischen Erklä-
rung folgte, bezeugte die Ubereinstimmung der Parteien
mit der Regierungserklärung, die dann auch noch durch
Erklärungen der Parteien bekanntgegeben wurde. Die kon-
servative Partei vermochte sich aber noch nicht mit den
Worten Dr. Heinzes zufrieden zu geben, da in den vielen
Konzessionen, die gemacht wurden, sich eine Schwäche
der neuen Regierung zeige (vergleiche die Rede Dr. Böhmes
in den Mitteilungen der II. Kammer, Seite 2196 bis
2205). Die drei Unabhängigen verharrten nach wie vor in
scharfem Widerspruch, wie die Reden Segers und Fleißners
bewiesen (ebenda Seite 2212—2210, 2223—2226). —
Vornehmer waren die Verhandlungen in der ersten Kammer
gelegentlich der Regierungoerklärung am 6. Nobember.
Sehr sachlich waren die Zustimmungen der einzelnen Ab-