Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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partei, die wohl fast überall im Lande Anhänger fand, 
aber nur im Dresdener Wahlkreis mit Kandidaten auf- 
wartete. Dort waren die Aussichten nicht ungünstig, da 
Dr. Heinze, der spätere Vorsitzende der Partei, eine große 
persönliche Anhängerschaft besaß. Die ehemaligen Konser- 
vativen hatten sich zur Deutsch-nationalen Volks- 
partei vereinigt. Ihre Anhängerschar war naturgemäß 
auf dem Lande größer als in den Industriezentren. Die 
beiden rechtsstehenden Parteien und ebenso die Christlich- 
demokratische Partei waren bestrebt ihr Parteiprogramm 
möglichst auf die neue Zeit zu orientieren. Insofern waren 
alle bürgerlichen Parteien von ihren alten Grundsätzen etwas 
abgewichen. 
Die Festigung des Parteiwesens in Sachsen war ohne- 
hin notwendig geworden, da auch der Ruf nach Ein- 
berufung einer Volkskammer lebendig geworden 
war. Am nachdrücklichsten forderte zuerst der sozial- 
demokratische Bezirkstag in Dresden am 1o. Dezember 
die Berufung einer Volksvertretung. Man wollte die Wahl 
zur Volkskammer gleichzeitig mit der zur Nationalversamm- 
lung stattfinden lassen (Staatszeitung 287). Die Forde- 
rungen wurden deutlicher, als auch der Groß-Oresdener 
Arbeiter= und Soldatenrat einen Antrag annahm, an die 
Volksbeauftragten ein Gesuch zu richten, auf der Grund- 
lage der Wahlen für die deutsche Nationalversammlung 
eine sächsische Nationalversammlung einzuberufen (Staats- 
zeitung 288). Im gleichen Sinn sprach sich die am 17. De- 
zember stattgefundene außerordentliche Landeskonferenz der 
sächsischen Sozlaldemokratie aus (Staatszeitung 294). Das- 
selbe Thema beschäftigte auch des öfteren noch die Sitzungen 
der Arbeiter= und Soldatenräte Sachsens, die fast alle mit 
Ausnahme des Leipziger Nats, eine einheitliche Stellung 
einnahmen. Dem Drängen der Bevölkerung gab nunmehr 
auch das Gesamtministerium statt, indemes am 27. Dezember 
lols die Verordnung über die Wahlen zur Volkskammer 
der Republik Sachsen (Landeswahlgesetz) erließ (Gesetz- 
und Verordnungsblatt 1918, Seite 408 ff.): 
&# 1. Als vorläufige Vertretung des gesamten Volkes 
der Republik Sachsen wird eine Volkskammer gebildet, die 
aus 96 Abgeordneten besteht. 
& 2. 1. Die Mitglieder der Volkskammer werden in all- 
gemeinen, unmittelbaren und geheimen Wahlen nach den 
Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. 
2. Jeder Wähler hat eine Stimme. 
& 3. 1. Wahlberechtigt sind alle deutschen Männer und 
Frauen, die am Wahltag das 20. Lebensjahr vollendet haben 
und in Sachsen wohnen; Personen des Soldatenstandes sind 
berechtigt, an der Wahl teilzunehmen. 
2. Der Wohnsitz in Sachsen ist nicht Voraussetzung für 
die Wahlberechtigung sächsischer Staatsbeamter und staat- 
licher Arbeiter, die außerhalb Sachsens ihren dienstlichen 
Wohnsitz haben, sowie ihrer Angehörigen, die mit ihnen in 
Familiengemeinschaft leben. 
64. Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist, 
1. wer entmündigt ist oder unter vorläufiger Vormund- 
schaft steht; 
2. wer infolge eines rechtskräftigen Urteils der bür- 
gerlichen Ehrenrechte ermangelt. 
5. Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die seit min- 
destens einem Jahre Deutsche sind. 
66. 1. Das Staatsgebiet wird in drei Wahlkreise ge- 
teilt, die mit dem 28., 29. und 30. Wahlkreis nach der An- 
lage zum Reichswahlgesetz vom 30. November 10918 über- 
einstimmen. 
2. Gewählt werden: 
im 1. (28.) Wahlkreis (Dresden) 35 Abgeordnete, 
im 2. (20.) Wahlkreis (Leipzig) 24 Abgeordnete, 
im 3. (30.) Wahlkreis (Chemnitz) 37 Abgeordnete. 
§ 7. Auf das Wahlverfahren finden im übrigen — soweit 
sich nicht aus dieser Verordnung Abweichungen ergeben — 
die Vorschriften des Reichswahlgesetzes vom 30. November 
loys, der Wahlordnung vom gleichen Tage in der Fassung 
der Verordnung des Staatssekretärs des Innern vom 
10. Dezember 1918 (Reichsgesetzblatt, S. 1442) sowie der 
Ministerialverorndung Nr. 318 I L, vom 7. Dezember 1918 
(Gesetz= und Verordnungsblatt S. 388) entsprechende An- 
wendung. 
G8. 1. Die durch die Ministerialverordnung vom 7. De- 
zember 19183 unter I ernannten Wahlkommissare werden als 
solche auch für die Wahlen zur Volkskammer ernannt. 
2. Die Stimmbezirke, die Wahlräume, die Wahlvorsteher 
und ihre Stellvertreter sind dieselben wie bei den Wahlen 
zur verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung, so- 
weit nicht nach dem Ermessen der nach der Ministerial- 
verordnung vom 7. Dezember 1918 unter II,1 zuständigen 
Behörden eine Anderung geboten erscheint. 
6 #. 1. Die Bestimmung derjenigen Gemeinden, in deren 
Wählerlisten die in § 3 Abs. 2 erwähnten Personen aufzu- 
nehmen sind, erfolgt durch das Ministerium des Innern. 
2. Die Wählerlisten werden nur in einem Stück aufgestellt. 
Werden Durchschläge oder Abschriften der für die Wahlen 
zur verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung an- 
gelegten Wählerlisten benützt, so müssen sie entsprechend den 
inzwischen eingetretenen Veränderungen berichtigt oder er- 
gänzt werden. 
§ 10. 1. Die Wählerlisten werden vom 14. bis 21. Ja- 
nuar lolg zu jedermanns Einsicht ausgelegt. Ort und 
Zeit werden vorher unter Hinweis auf die Einspruchsfrist 
öffentlich bekanntgegeben. 
2. Uber die nachträgliche Aufnahme von Angehörigen des 
Heeres und der Marine, die nach Ablauf der Auslegungsfrist 
aus dem Felde heimkehren, ergeht eine besondere Verordnung. 
3. Die Wählerliste ist dem Wahlvorsteher zur Benutzung 
bei der Wahl zu übersenden. 
& 111. 1. Die Bekanntmachung des Wahlkommissars nach 
5 12 Abs. 1 der Wahlordnung ist spätestens am 4. Januar 
16½ 3½ erlassen. 
Die Wahlvorschläge sind spätestens am 14. Januar 
1 beim Wahlkommissar einzureichen. 
3. Sind von den zuständigen Behörden keine Abände- 
rungen gemäß § 8 Abs. 2 vorgenommen worden, so kann 
bei den nach §9 3o der Wahlordnung vorgeschriebenen Ver- 
öffentlichungen auf die früheren Bekanntmachungen Bezug 
genommen werden. 
4. Im Wahlraum ist außer den in 9 33 Abs. 4 der Wahl- 
ordnung erwähnten Druckstücken ein Abzug dieser Verord- 
nung auszuhängen. 
* 12. Die Wahlen zur Volkskammer der Republik 
Sachsen finden Sonntag, den 2. Februar 1910 statt. 
& 13. 1. Die Volkskammer wird von den Volksbeauf- 
tragten der Republik Sachsen einberufen. Sie gibt sich ihre 
Geschäftsordnung selbst und regelt das Wahlprüfungsver- 
fahren. Sie beschließt über Bestätigung oder Neubildung 
des Gesamtministeriums und bestimmt im Einvernehmen 
mit diesem ihre weitere Zuständigkeit und die Dauer ihrer 
Wirksamkeit. 
2. Spätestens mit Ablauf des zweiten Jahres nach dem 
Zusammentritt der Volkskammer finden Neuwahlen statt. 
4. Diese Verordnung hat Gesetzeskraft und tritt so- 
fort in Wirksamkeit. 
Dresden, den 27. Dezember 1918. 
Gesamtministerium. 
Buck, Fleißner, Geyer, Dr. Gradnauer, 
Lipinski, Schwarz.
	        
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