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Die 24. Infanteriedivision
Vom 1. Juli 1917 bis zum Kriegsende
1. Vom 1. Julibis 7. August 1917 südwestlich Lille
in Ruhe; vom 12. bis 29. Oktober bei der Gruppe
Wytschaete eingesetzt
Die Division fand im Raume südwestlich von kille bei
der sechsten Armee als Eingreifdivision der Gruppe Aubers
(XIX. Armeekorps) Zeit, ihre Ausbildung sechs Wochen lang
zu fördern. Die dortige Front war ruhig. Nur Ende Juli
wurde mit englischen Teilangriffen bei Loos gerechnet. Sie
blieben aber aus.
Am 11. August löste die Division im Wytschaetebogen
die 18. Reservedivision ab, Divisionsstabsquartier Wevel-
gem. Sie unterstand wieder der vierten Armee, General
Sirt von Armin, und gehörte zur Gruppe Wytschaete (IX.
Reservekorps). Die Stellung der Dibision lag beiderseits
des Kanals und befand sich außerhalb des Großkampfgebiets
der Flandernschlacht. Es herrschte beiderseits starke Flieger=
und Artillerietätigkeit.
In der Nacht zum 20. August machte Infanterieregiment
179 zwei gelungene Vorstöße in die englischen Gräben, stellte
erneut die englische 37. Infanteriedivision als Gegner fest
und erbeutete ein Lewis-Maschinengewehr. In der Nacht
zum 27. August überschüttete Trommelfeuer den Sicherungs-
abschnitt des Infanterieregiments 139. Im Anschluß daran
fauden Postenkämpfe im Vorfelde statt, die dem Regiment
einige Verluste kosteten. Die Plänkeleien dehnten sich in
der folgenden Nacht auch auf den Abschnitt des Infanterie=
regiments 179 aus. Dabei wurde als neu vor der Front
erschienen die englische 30. Division festgestellt. Die Ver-
luste der Division in dem stillen Monat August betrugen
immerhin 6 Offiziere und 310 Mann. Das naßkalte
Wetter verursachte Darmerkrankungen. Munitionsmangel
zwang zur Einschränkung des Feuers gegen das stets leb-
hafte feindliche Artilleriefeuer. Am 1. September machte
Infanterieregiment 133 ein schneidiges Patrouillenunter=
nehmen, das ihr die besondere Anerkennung der Gruppe ein-
trug. Noch größeren Erfolg hatte Infanterieregiment 139
mit einem Vorstoß am 9. September. Am 21. September
drang eine Patrouille von Infanterieregiment 179 in die
vordersten englischen Gräben ein und fand sie unbesetzt.
Die Dibision erntete für die außerordentliche Aufklärungs-
tätigkeit ihrer Infanterie von Gruppe und Armee-Ober-
kommando besonderes Lob.
Ende September kam es weiter nördlich wieder zu schwe-
ren Kämpfen, in welche die Artillerie der Division erfolg-
reich eingriff. Am 8. Oktober übergab die Division die
Stellung an die 8. Infanteriedivision. Obwohl größere
Kampfhandlungen in den vorangegangenen acht Wochen
nicht stattgefunden hatten, betrug der Gesamtverlust in die-
ser „ruhigen"“ Zeit immerhin 21 Offiziere und 007 Mann,
wozu noch fünf Offiziere und 182 Mann der zugeteilten
Truppen hinzuzurechnen sind. Die Division sollte nunmehr
als Eingreifdivision hinter der Wytschaetefront Verwendung
finden, Dioisionsstab Moorseele. Ihre Infanterie wurde
aber sofort wieder im Abschnitt Zandvoorde vorn eingesetzt.
Der neunwöchige Aufenthalt der Infanterie in dem nassen
Trichtergelände blieb nicht ohne Einfluß auf ihren Kampf=
wert. Tag und Nacht lag schwerstes feindliches Feuer auf den
neuen Stellungen bei Geluvelt. Am 22. Oktober erfolgte
nach kurzem Trommelfeuer ein englischer Angriff beider-
seits der Straße Dpern—Menin. Er wurde von 9. und 11.
sowie 3. Maschinengewehrkompagnie des Infanterieregi-
ments 179 glatt abgewiesen. Auch die nächsten Tage hielt
schwerstes Feuer an, namentlich auf die beiden nördlichen
Abschnitte (Infanterieregiment 170 und Infanterieregiment
130). Bei dem andauernd schlechten Wetter nahm die Wi-
derstandskraft der Mannschaften rasch ab. Trotzdem wurde
am 26. Oktober ein starker englischer Angriff auf der
ganzen Divisionsfront, der insbesondere der Einnahme von
Geluvelt galt, glatt abgewiesen, bei Infanterieregiment 170
in schneidigem Gegenstoß des III. Bataillons. 6 Offiziere
und 75 Mann der §F. und 7. englischen Division wurden
als Gefangene eingebracht, dazu 12 Maschinengewehre er-
beutet. Der Feind erlitt schwere blutige Verluste. Viermal
hatte er vergebens zum Sturme angesetzt. Nur nördlich der
Straße hatte er zunächst Erfolg, dann mähte ihn das Feuer
eines betonierten Maschinengewehrnestes an der Kirche von
Geluvelt buchstäblich nieder, allein vor Infanterieregiment
133 wurden 300 tote Engländer gezählt. Auch der Verlust
bei der Infanterie der 24. Infanteriedivision war ernst:
6 Offiziere tot, 10 verwundet, 129 Mannschaften tot, 320
verwundet, davon entfielen auf Infanterieregiment 170
allein 0 Offiziere und 223 Mann. Der Gegenangriff des
tapferen III. 170 erfolgte durch das fast ungangbare Trich-
tergelände mitten durch den englischen Feuergürtel hindurch
in einer Ordnung und Sicherheit wie auf dem Exerzierplatz,
und das nach elfwöchigem Aufenthalt in den Trichter-
stellungen vor Dpern in dem naßkalten Sommer 1917.
Nicht einen Fußbreit des blutgetränkten Flandernbodens
gaben die Sachsen her. Das ihnen als Eckpfeiler der Flan-
dernfront anvertraute Geluvelt wurde von Engländern nur
als Gefangenen betreten.
In den folgenden Nächten wurde die Diovision heraus-
gezogen, am 20. Oktober die Stellung übergeben. 50 Offi—-
ziere und 1900 Mann kostete der Division der erneute Ein-
satz vor Dpern. Nunmehr sollte ihr bei der sechsten Armee
hinter einer ruhigeren Front Gelegenheit zum Ausruhen ge-
geben werden.
2. Im Vimyabschnitt bis Anfang Februar tots,
dann hinter der Front zur Ausbildung bis Mitte
März 1918
Die Truppen der Diodision erreichten den neuen Unter-
kunftsraum hinter der Front von Souchez teils mit der
Bahn, teils durch Fußmarsch. Sie bildete dort die Eingreif-
division der Gruppe Souchez (VI. Armeekorps) im Bereiche
der sechsten Armee. Der Gesundheitszustand war nach den
Anstrengungen in Flandern nicht gut. Der Krankenbestand-
betrug im Durchschnitt 8oo Mann, in der Hauptsache Fuß-,
Magen= und Darmkranke. Auch die armen Pferde waren
sehr herunter. Auf dem Hermarsche gingen allein 12 Bat-
teriepferde ein.
Die Division hoffte die dringend nötige Ausbildung der
Unterführer, Maschinengewehr= und Minenwerferleute als-
bald aufnehmen zu bönnen. Aber bereits in den ersten No-
vembertagen wurde die Diovision wieder eingesetzt. Sie er-
hielt den ruhigen Vimyabschnitt, abgekämpften Engländern
gegenüber, die sich zunächst ziemlich ruhig verhielten. Auch
die Flieger= und Artillerietätigkeit des Feindes hielt sich in
mäßigen Grenzen. Bei Kleinunternehmungen wurden die
4. englische und 15. schottische Division vor der Front fest-
gestellt.
Am 20. November fand vom Schloßpark Roeur aus ein
englischer Gasangriff statt, der bei zwei vorn arbeitenden
Kompagnien des Infanterieregiments 133 empfindliche Ver-
luste verursachte, obwohl sofort die Gasmasken aufsgesetzt
wurden. Bei den später nach Trommelfeuer erfolgenden
Stoßtruppangriffen wurden die Engländer von allen drei
Regimentern mit großen Verlusten abgewiesen. Der tapfere
Oberst Stengel, Kommandeur der 830. Infanteriebrigade,
fand den Heldentod. An seine Stelle trat Oberst von Abeken.