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In der folgenden Zeit, während der die Engländer bei
Cambrai durch Überfall mit Tankverwendung einen großen
Erfolg erzielten, wurde es auch an der Vimyfront lebhafter.“
Größere feindliche Unternehmungen unterblieben aber, wohl
angesichts der erhöhten Abwehrtätigkeit der sächsischen Vor-
posten. Der Krankenstand nahm bei schlechtem Wetter
weiter zu. Ende Monats erhielt General Hammer für das
tapfere Verhalten der Division in Flandern den hohen Orden
pour le mérite als erster sächsischer Divisionskommandeur.
Anfang Dezember trat die Dioision unter Beibehalt ihres
Frontabschnittes zur zweiten Armee (General von der Mar-
witz) über und kam unter den Befehl der Gruppe Lewade,
Generalleutnant Albrecht.
Am 15. Dezember machte ein englischer Stoßtrupp von
etwa 100 Mann aus künstlicher Nebelwand heraus gegen
die Stellung von Infanterieregiment 130 einen Überfalls-
versuch, der nach Nahkampf kläglich für die Engländer en-
dete. Dagegen hatte ein Stoßtrupp des Infanterieregiments
1709 unter Leutnant der Reserve Goldacker am 21. Dezem-
ber vollen Erfolg. Er holte zwei Engländer aus dem feind-
lichen Graben. Ebenso brachte Leutnant Wetzel mit einem
Stoßtrupp des Infanterieregments 133 und der Sturm-
abteilung der 24. Infanteriedivision am 23. Dezember sechs
gefangene Engländer nach hartem Nahkampf ein. Der Un-
teroffizier Abendroth und die beiden Gefreiten Matthes
und Breuer der 7. Kompagnie Infanterieregiments 179
sowie die Unteroffiziere Kraus (12./133), Recke (2. Komp.
Pionierbataillons 22), Coburger (Sturmabteilung 24) und
Fahnenjunker Neithard (12./133) erhielten eine besondere
Anerkennung für Tapferkeit auf Patrouille durch den
Gruppenkommandeur.
Im Januar blieb es weiter ruhig an der Front. Zu
Neujahr versuchten die Engländer eine friedliche Annäherung,
wurden aber abgewiesen. Am 13. Januar zeichnete sich eine
Patrouille des Infanterieregiments 139 unter Leutnant
Gören wieder durch Umsicht und Tapferbeit aus. 6
Leider blieb der Gesundheitszustand weiter schlecht. An-
fang Februar wies 3./130 einen englischen Vorstoß zurück.
Im allgemeinen blieb aber die feindliche Infanterie ziem-
lich untätig. Endlich am 12. Februar wurde die Dioision
aus der Stellung herausgezogen. Sie wurde in das Etappen-
gebiet der siebzehnten Armee zurückverlegt, Diovisionsstabs-
quartier Condé. Für die Ausbildung zum bevorstehenden
Bewegungskrieg wurde die Division dem VI. Armeekorps
unterstellt. Zur UÜbung des Angriffes waren vier volle
Wochen in Aussicht genommen. Die Zeit wurde bestens aus-
genutzt. In weiten Quartieren und bei sorgfältigster Gesund-
heitspflege besserte sich der Krankenstand allmählich. Ein
Dyphtheritisausbruch bei Infanterieregiment 179 wurde
erfolgreich bekämpft. Körperlich gekräftigt und in ihrer
Ausbildung gefördert, traten die Truppen Mitte März den
Vormarsch an. Sie schoben sich in sieben Nächten bis an
die Kampffront der siebzehnten Armee heran. Am i8. März
wurde Denain, am 21. März Oisy le Verger erreicht.
3. Im Endringen von Ende März bis No-
vember 1918
Die Dioision machte die große Märzoffensive auf dem
rechten, südwestwärts gerichteten Flügel der siebzehnten Ar-
mee mit. Das Nähere über Anlage und Durchführung der-
selben ist im allgemeinen Teil ausgeführt. Die Division
war zunächst als Division des dritten Treffens, Reserve
des Armeeoberkommandos 17, eingeteilt und dem Befehl
des VI. Reservekorps unterstellt. Sie rückte über die Linie
Baralle—Raillencourt am 22. März bis Moeuvres vor
und wurde Tags darauf zwischen der 3. Gardeinfanterie-
division und 119. Infanteriedivision vorn eingesetzt. Ihre
Infanterie erreichte am Abend den Westrand des Parkes
von Veln, stark vom Feinde beschossen.
Am 24. März durchstieß die Dioision die englische Ba-
paumestellung, setzte vier Tanks bei einem Gegenangriff
außer Gefecht und erreichte bis Abend Beaulencourt nach
heftigen Gefechten.
Die Division trat nunmehr in den Verband des XIV. Re-
servekorps über.
Am 25. März früh besetzte sie Thilloy und le Barque,
überschritt nach hartem Kampfe die Straße Bapaume—Al-
bert, nahm mittags den von den Sachsen im Herbst 1917
verteidigten Bergrücken von Warlencourt, erstürmte 6,30
Uhr abends das stark befestigte Dorf Irles und erstieg noch
vor Dunkelheit die den Ancrelauf beherrschenden Höhen öst-
lich von Miraumont, dem linken Nachbar dadurch das
Überschreiten der Ancre und Eindringen in Miraumont er-
mmöglichend. Leider blieb der Angriff rechts der 24. Infan-
teriedivision an der Bahn Achiat—Miraumont hängen.
Tags darauf wurde der tapferen Dioision Ruhe gegönnt.
Sie sollte zunächst als zweites, vom 27. März ab als drittes
Treffen folgen, der Angriff weiter nach Westen über Sailly
vorgetragen werden. Aber bereits am Mittag des 27. März
wurde die Dioision wieder vorgezogen. Das Vorgehen stockte
wieder. Die Division kam bis über die Straße Colincamp—
Hébuterne vorwärts, dort gebot ihr Flankenfeuer von beiden
Flügeln her Halt. Ihre beiden Fußartilleriebataillone hatten
auf den verstopften Anmarschwegen noch nicht vorgezogen
werden können. So fehlte deren Vorarbeit.
Vier englische Gegenangriffe wurden in der folgenden
Nacht von Infanterieregiment 133 zurückgeschlagen. Da
der Angriff der 39. Infanteriedivision weiter rechts auf
Höbuterne fehlschlug, mußte am 28. März auch auf der
Front der 24. Infanteriedivision zur Abwehr übergegangen
werden. Entschlossene englische Gegenangriffe im Verlauf
dieses Tages wurden abgewiesen, nur Infanterieregiment 133
bog seinen linben Flügel etwas zurück.
Am 29. März wurde die Division aus der Front heraus-
gezogen, ruhte einen Tag östlich Bapaume und erreichte am
31. März Quartiere dicht nördlich von Cambrai.
Die Verluste in der Durchbruchschlacht waren wieder
schwer: 402 Tote (32 Offiziere), 2382 Verwundete (102
Offiziere), 5307 Vermißte (2 Offiziere). Sie entfielen zum
Hauptteil auf die tapfere Infanterie. Aber auch das Feld-
artillerieregiment 77 hatte starke Verluste, namentlich auch
an Pferden. Es mußte deshalb zunächst zurückbleiben, als
am 4. April die Division wieder an die Kampffront heran-
gezogen wurde. Zunächst wurde sie dicht nördlich Bapaume
untergebracht und löste dann in den folgenden Nächten die
119. Infanteriedivision in vorderster Linie ab. Der Angriff
war inzwischen nicht weiter vorwärtsgekommen. Der Feind
hielt zäh die Orte Fonquevillers, Gommécourt und Hé-
buterne und überschüttete die ganze Stellung der 24. In-
fanteriedivision beiderseits von Puisieux mit schwerstem Feuer.
Die Division richtete sich nach und nach zu geregelter Ab-
wehr ein, drei Regimentsabschnitte nebeneinander, Mitte
(Infanterieregiment 179) Puisieux.
Tapfere Stoßtrupps, besonders von Infanterieregiment
133 unter den Leutnants Mitscherling und Zierold, stellten
am 11. April als Gegner die 4. australische Division in Hé-
buterne fest. Auch in den folgenden Tagen und Nächten
herrschte regste Gefechtstätigkeit. Die feindlichen Flieger
warfen fleißig Bomben ab. Das anhaltend schlechte Wetter
macht den Aufenthalt in dem zerstörten Gebiet nordwest-
lich Bapaume höchst ungemütlich. Die Arbeit an der aus-
zubauenden Neustellung nahm alle Kräfte in Anspruch.
Am 17. April wurde die Stellung an die beiden Nachbar=
divisionen übergeben. Die Division wurde als Eingreifdivision
des XIV. Reservekorps zunächst zurückgezogen und östlich
von Bapaume in der Wildnis der Sommekämpfe unter-
gebracht, Divisionsstab Lebucquisre. Von dort siedelte ein
Drittel der Division am 27. April in die Gegend nördlich