Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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30. April ein Posten mit Maschinengewehr im Abschnitt 
Struyve nachts überfallen. 
Die neuaufgestellte III. Abteilung des Reserve-Feldartil- 
lerieregiments 23 trat zum Regiment und wurde alobald 
eingesetzt. Ihre 9. Batterie hatte schon am 1. Mai durch 
feindliche Granaten drei beschädigte Geschütze. Der ganze 
Mai verlief unter Artilleriekämpfen. Mehrfach griffen auf 
beiden Seiten schwere Flachbahngeschütze ein. Die englische 
Fliegertätigkeit war dauernd sehr rege. In den Stellungen 
des Gegners wurde eifrig gearbeitet. Es gelang nicht fesi- 
zustellen, ob für Angriff oder Abwehr. Ein feindliches 
Luftschiff ließ sich über den Abschnitt einmal sehen. Bomben= 
geschwader suchten Langemarck heim. Sonst verlief der Mai 
ruhig. Ende des Monats wurde die Didision abgelöst und 
nach Gent und Umgegend verlegt, aber als Anfang Juni 
Anzeichen für einen beabsichtigten Großangriff der West- 
heere in Flandern eintraten, am 12. Juni als Kampf- 
reserve der vierten Armee der Gruppe Dirmuide zur Ver- 
fügung gestellt. Sie erreichte in vier Märschen ihr Ziel und 
wurde in drei Eingreifgruppen am Houhoulsterwald, bei 
Zarren und westlich von Staden untergebracht. 
Am 25. Juni wurde die Division dann in ihrem alten 
Abschnitt Langemarck wieder eingesetzt. Sie war voll kampf- 
kräftig und neu aufgefüllt. Die Gruppe Meperen leitete 
bis 31. Juli das III. Armeekorps, von da ab bis 24. August 
wieder das XII. Reservekorps. 
Zunächst blieb es im Abschnitt noch ruhig. Anfang 
Juli nahm die Patrouillentätigbeit der Engländer sehr zu. 
Seit Mitte Juli beherrschten die an Jahl weit überlegenen 
feindlichen Flieger völlig die Luft. Die feindliche Artillerie 
wurde anscheinend stark vermehrt. Weitschießende Geschütze 
machten sich bemerkbar, ebenso weit vorn neu entstandene 
Stellungen ganzer Batteriegruppen. Am 26. Juli steigerte 
sich das feindliche Feuer gegen den Nachbar rechts zum 
Trommelfeuer, auch die Kampfgräben der 23. Reserve- 
division wurden eingeebnet. Bei Abschnitt Pilckem und 
Struyve erfolgten Einbrüche englischer Patrouillen ins Vor- 
feld, die im Gegenstoß vertrieben wurden. Am 27. und 
28. Juli wiederholte der Feind seine Teilangriffe gegen 
Grenadier-Reserveregiment 10o0 und Reserve-Infanterie- 
regiment 102. Teile der vordersten Linie blieben in seiner 
Hand. Stärkstes Artilleriefeuer lag Tag und Nacht auf 
der ganzen Stellung. Am 29. Juli kurz nach Mittag ant- 
wortete die deutsche Artillerie mit einem Gasschießen, was 
den Gegner nicht abhielt, gegen Abend wieder anzugreifen. 
In der folgenden Nacht begann die Ablösung durch die 
3. Garde-Infanteriedivision. Am 1. August trafen die 
letzten abgelösten Truppen um Brügge ein. Ein zusammen- 
gesetztes Bataillon des Infanterieregiments 392 war noch 
beim Abrücken in ein Gefecht verwickelt worden. 
Das Reserve-Feldartillerieregiment 23 ging auf den 
Schießplatz. Alle Truppen nahmen sofort die Ausbildung 
der Verbände in Angriff. Die Division stand hier im Grenz- 
zipfel gegen Holland und nahe der Küste für alle denkbaren 
Uberraschungsfälle bereit. Divisionsstabsquartier war Schloß 
St. Kruis, zwei Kilometer östlich Brügge. Grenadier= 
Reserveregiment loo lag nordöstlich, Reserve-Infanterie- 
regiment 102 südöstlich, Infanterieregiment 302 östlich von 
Brügge. Den Truppenübungen wohnte am 13. August der 
bayerische Kronprinz und am 20. August der Kaiser bei. 
Ende August wurde die Division als Eingreifdioision für 
die Gruppe Dirmuide näher an diese herangezogen. Der 
aDivisionsstab übersiedelte nach Schloß Wynedaale bei Thou- 
rout. Am 20. September wurde die Division der Gruppe 
Yeperen zur Verfügung gestellt und beschleunigt in Gegend 
östlich Passchendaele mit der Bahn befördert. Die große 
Flandernschlacht hatte den Höhepunkt erreicht. Vom 22. 
ab löste die Division die 2. Garde-Reservedivision im Ab- 
schnitt Passchendaele, zunächst als Eingreifdivision, ab. Tags 
zuvor hatte der große englische Angriff gegen die ganze 
Gruppe eingesetzt. Er wurde am 23. September wieder- 
holt. Die einzelnen Eingreifgruppen der 23. Reservedivision 
rückten hierzu näher an die Kampffront heran. 
Am 24. September erfolgte bei der südlich anschließenden 
Gruppe Wytschaete ein Gegenangriff, der gut gelang. Die 
deutsche Front war zu dieser Zeit etwa auf die Linie der 
Skizze 4 — Xll. Reservekorps zurückgedrückt. 
Die Division löste bis 24. September die 2. Garde-Reserve- 
division im Abschnitt Passchendaele ab. Die Front verlief 
zu dieser Jeit etwa 1000 Meter nordöstlich der Linie St. Ju- 
lien —Freezenberg. Es waren keine Verteidigungsgräben 
mehr vorhanden. Schwerstes Feuer lag Tag und Nacht über 
dem ganzen Abschnitt. 
Rechts stand Grenadier-Reserveregiment 100, in der 
Mitte Infanterieregiment 392, links Reserve-Infanterie- 
regiment 102. Die Hauptwiderstandslinie lag in der Flan- 
dern-l-Stellung bei 's Gravenstafel und war kaum 2000 Me- 
ter breit. Hinter der Dioision stand noch die 4. bayerische 
Infanteriedivision als Gegenstoßdivision. Der Divisions- 
stab lag in Schloß Rumbeke, ein Kilometer östlich von 
Roulers. 
Die Kampftruppen waren mit Schieß= und Mundvorrat 
für vier Tage ausgestattet, Verkehr von und nach rückwärts 
über das von den feindlichen Fliegern beherrschte Gelände 
war denkbar erschwert. Die Verluste waren von Anfang an 
sehr hoch. Am 26. September brach der Feind beim rechten 
und linken Nachbar ein. Die Mitte der 23. Reservedioision 
hielt, ihre Reserven von Passchendaele her kamen im feind- 
lichen Trommelfeuer nicht vorwärts. Drei Kompagnien 
von Grenadier-Reserveregiment loo machten 8 Uhr vor- 
mittags einen anfangs erfolgreichen Gegenstoß. Später 
hielten die Trümmer des Regiments '# Gravenstafel. Der 
mit größtem Schneid ausgeführte Gegenstoß des -. baye- 
rischen Infanterieregiments entlastete zwar das schwer- 
bedrängte Grenadier-Reserveregiment 100 und auch Reserve- 
Infanterieregiment 102. Aber die alte Kampflinie wurde 
nicht erreicht. Nach erneutem Trommelfeuer machten die 
Engländer abends neue Angriffe, die abgewiesen wurden. 
Die Nacht verlief ohne Angriff, doch hielten die feind- 
lichen Flieger und die Geschosse schwersten Kalibers das 
ganze Hinterland von jeder Verbindungsaufnahme zu den 
Kampftruppen ab. 
Vorn bildete sich eine neue Abwehrlinie, rechts und links 
Teile des §., in der Mitte Teile des 9. bayerischen In- 
fanterieregiments, dahinter III./392 in der Mitte, die 
Bataillone Fiedler und Kap-herr des Reserve-Infanterieregi- 
ments 102 hinter dem linken Flügel. Sie machten einen 
kräftigen Vorstoß am 27. September abends. Rechts hiel- 
ten sich Reste des Grenadier-Reserveregiments 100, beson- 
ders die tapfere 3. Kompagnie unter Feldwebelleutnant 
Lange, weit vor der übrigen Front im sogenannten Artillerie= 
Gehöft. Am 28. September nahmen die Sturmkompagnie 
und ein Stoßtrupp des Reserve-Infanterieregiments 392 
den Almenhof vor der Mitte wieder und siellten nach rechts 
und links bis zum Abend die Verbindung mit den Neben- 
divisionen wieder her. 
In der folgenden Nacht wurde die schwergeprüfte Divi- 
sion abgelöst. Blutige Verluste, Entbehrungen und das 
schlechte Wetter der letzten Tage hatten die Frontstärken sehr 
geschwächt. In der Nacht zum 30. September wurde die 
Ablösung beendet. Der Feind war den Tag über ruhig ge- 
blieben. Die Verluste der Division in diesen wenigen Tagen, 
insbesondere in dem Großkampf des 26. September, be- 
trugen 235 Tote (darunter 14 Offiziere), 1302 Verwundete 
(darunter 37 Offiziere) und 721 Vermißte (darunter 12 
Offiziere), Auch hier traf der Gesamtverlust von 2278
	        
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