23. Juli 95
unter anderem auch darauf hinzuweisen, dass es Serbien in
der Hand gehabt hätte, den ernsten Schritten, die es unserer-
seits erwarten musste, die Spitze abzubrechen, wenn es seiner-
seits spontan ıdas Notwendige vorgekehrt hätte, um auf serbi-
schem Boden eine Untersuchung gegen die serbischen Teil-
nehmer am Attentat vom 28. Juni laufenden Jahres einzuleiten
und die Verbindungen aufzudecken, die hinsichtlich des Atten-
tates erwiesenermassen von Belgrad nach Serajewo führen.
Die serbische Regierung 'hat bis heute, obwohl eine An-
zahl notorisch bekannter Indizien nach Belgrad weisen, in
diesem Belange nicht nur nichts unternommen, sie hat viel-
mehr die vorhandenen Spuren zu verwischen getrachtet.
So ist einem telegraphischen Bericht unserer Gesaıtdt-
schaft in Belgrad zu entnehmen, dass der durch die überein-
stimmenden Aussagen der Attentäter kompromittierte serbische
Staatsbeamte Ciganovic am Tage des Attentates noch in
Belgrad weilte, drei Tage darauf aber, als sein Name in den
Zeitungen genannt wurde, die Stadt bereits verlassen hatte.
Bekanntlich erklärte auch schon der serbische Pressechef,
dass Ciganovic in Belgrad völlig unbekannt sei.
Was die kurze Befristimg ıınserer Forderungen anbelangt,
so ist dieselbe auf unsere langjährigen Erfahrungen serbischer
Verschleppungskünste zurückzuführen. |
Wir können (die Forderungen, deren Erfüllung wir von
Serbien verlangen und die eigentlich im Verkehr zwischen
Staaten, die in Friede und Freundschaft leben sollen, nur
Selbstverständliches enthalten, nicht zum Gegenstand
von Verhandlungen und Kompromissen ma-
chen und können mit Rücksicht auf ımsere volkswirtschaft-
lichen Interessen nicht riskieren, eine politische Methode, wo-
nach Serbien die entstandene Krise nach seinem Belieben zıı
verlängern in der Hand hätte, zu akzeptieren.
Der französische Gesandte in München, Allize, an den fran-
zösischen stellvertretenden Minister des Aeusseren,
Bienvenu-Martin.
Gelbbuch Nr. 21.
München.
Die bayrische Presse scheint zu glauben, dass eine fried-
liche Lösung des österreichisch-serbischen Zwischenfalles nicht
nur möglich, sondern wahrscheinlich ist; in den offiziellen Krei-
Oesterreich-
Ungarn kann
seine Forde-
rungen nicht
einer Diskus-
sion unter-
werfen.
Eine angebli-
che Aeusse-
rung des bayri-
schenMinister-
präsidenten.