Sasonow
erklärt die
Mobilmachung
für unbedingt
erforderlich.
Buchanan regt
eine Fristver-
längerung an.
108 24. Juli
Seiner Majestät sprechen, aber persönlich sähe ich keinen
Grund, von der Regierung Seiner Maiestät irgend eine Soli-
daritätserklärung zu erwarten, die eine bedingungslose Ver-
pflichtung zur Unterstützung Russlands und Frankreichs mit
Waffengewalt einschlösse.
Unmittelbare Interessen Englands in Serbien beständen
nicht und ein Krieg wegen dieses Landes würde nie von der
englischen öffentlichen Meinung gebilligt werden*). Dem ent-
gegnete Merr Sasonow, wir dürften nicht vergessen, dass die
europäische Frage mit inbegriffen sei, vonder dieserbi-
sche nur einen Teil bilde und dass Grossbritannien
sich nicht von den gegenwärtigen Problemen ausschliessen
könne.
Auf diese Bemerkung erwiderte ich mit dem Hinweis,
ich schlösse aus dem was Seine Exzellenz sagte, dass er anrege,
Grossbritannien solle sich der Absendung einer Mitteilung an
Oesterreich anschliessen, derzufolge eine aktive Intervention
in die inneren Angelegenheiten Serbiens nicht geduldet
werden könne. Aber angenommen, Oesterreich schritte nichts-
destoweniger zu militärischen Massregeln gegen Serbien trotz
unserer Vorstellungen, war es dann die Absicht der russischen
Regierung, sofort an Otesterreich den Krieg zu erklären?
Merr Sasonow sagte, er selbst glaube, die russische
Mobilmachung müsse aufjedenFalldurchge-
führtwerden; doch ein Ministerrat würde heute nachmit-
tag stattfinden und die ganze Angelegenheit beraten’). Ein
weiterer Ministerrat würde walhırscheinlich morgen unter dem
Vorsitz des Kaisers abgehalten, wobei eine Entscheidung ge-
troffen würde.
Ich sagte, der wichtige Punkt schiene mir zu sein,
Oesterreich dazu zu bringen, die Frist zu verlängern, und man
müsse zunächst in diesem Sinne auf Oesterreich einwirken;
der französische Botschafter dachte jedoch, dass entweder
Oesterreich zu sofortigem Mandeln entschlossen sei oder bluffe.
Wie dem auch sei, unsere einzige Aussicht den Krieg
Bib. Nr. 6. *) Hier tritt zum ersten Male das wichtige Motiv,
Serbien sei ein ungenügender Kriegsgrund für England, auf.
°) Später bezeichnet Sasonow die russische Mobilmachung als
Gegenmassregel gegen die österreichische Mobilmachung und zwar
insofern diese direkt Russland bedrohte. Hier ist festgestellt, dass am
24. Juli die Frage der Mobilmachung bereits dem Ministerrat vor-
gelegt wurde. Aus dem Telegramm des Zaren vom 30. Juli, Wb. An-
lage 23a, geht dann hervor, dass am 25. Juli, also in dem Minister-
rat unter dem Vorsitz des Zaren, die Mobilmachung endgiltig beschlossen
wurde.