24. Juli 113
teilte, traf ich den deutschen Botschafter. Er schien sehr guter
Laune zu sein. In der Unterhaltung, die ich mit dem Grafen von
Pourtal&s über die österreichisch-ungarische Demarche be-
gann, bat ich ihn, mir die Art anzugeben, wie man aus der
durch das österreichisch-ungarische Ultimatum geschaffenen
Lage herauskommen könnte. Der Botschafter antwortete mir,
das hinge nur von Serbien ab, da es sich um eine Frage handelt,
die nur zwischen Oesterreich und Serbien geregelt werden
ınuss und in die niemand anders sich einmischen könnte. Ich
antwortete dem Grafen von Pourtales, er täusche sich und
er würde bald davon überzeugt werden, dass es sich nicht um
eine Frage zwischen Serbien und Oesterreich, sondern ımm eine
europäische Frage handle.
Der deutsche Botschafter in St. Petersburg, Graf Pourtales,
an den deutschen Reichskanzier, von Bethmann Hollweg.
Weissbuch, Anlage 4.
St.Petersburg.
Den Inhalt des Erlasses 592?) habe ich soeben in einer
langen Unterredung mit Sasonow' eingehend verwertet. Der
Minister erging sich gegen Oesterreich-Ungarn in masslosen
Anklagen und war sehr erregt.’) Auf das bestimmteste erklärte
er: dass die serbisch-österreichische Differenz zwischen den
Beteiligten allein ausgetragen werde, könne Russland unmög-
lich zulassen.?)
Der österreichisch-ungarische Botschafter in St. Petersburg,
Graf Szäpäry, an den österreichisch-ungarischen Minister
des Aeusseren, Graf Berchtold.
Rotbuch Nr. 16.
St. Petersburg.
Nach fünfstündigem Ministerrate hat Herr Sasonow
abends den deutschen Botschafter empfangen und mit ihm eine
lange Unterredung gehabt.')
Wb., Anl. 4. ') Gemeint ist Wb. Anlage 1.
2) Vergleiche Rb. 16 und auch Bib. Nr. 6, aus dem gleichfalls
die grosse Erregung und die heftige Verstimmung Sasonows gegen
Oesterreich-Ungarn und, da er dort nicht zu einem deutschen Diplo-
maten sprach, gegen Deutschland hervorgeht. Im Widerspruch zum
Wb. und Bib., wie auch zu Sasonows eigenen Dokumenten im Ob.
zeigen die Telegramme Pal&eologues im Gib. ununterbrochen einen
versöhnlichen und friedfertigen Sasonow.
3) Diesen Standpunkt gab Sasonow nie auf. Und diesen Standpunkt
erkannten England und Frankreich als berechtigt an.
Rb. Nr. 16. ') Es handelt sich um die in Wb. Anig.4 behandelte
Unterredung.
Sasonow wei-
gert sich, eine
Lokalisation
des Konfliktes
zuzulassen.
Sasonow ver-
dächtigt dem
deutschen Bot-
schafter ge-
gegenüber
den Entschluss
Oesterreich-
Ungarns.