Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

24. Juli 121 
  
Dieses Ansuchen wurde mir von dem serbischen Mi- 
nisterpräsidenten ausgesprochen, der heute früh naclı Belgrad 
zurückgekehrt ist. Seine Exzellenz ist niedergeschlagen und 
ist sichtbar sehr besorgt über die Folgen, die entstehen 
können.') 
Der französische Botschafter in Berlin, Jules Cambon, an den 
  
stellvertretenden französischen Minister des Aeusseren, 
  
Bienvenu-Martin. 
Gelbbuch Nr. 29.'‘) 
  
Berlin. 
Die Ueberreichung der österreichischen Note an Serbien 
hat tiefe Bewegung ausgelöst. Der Österreichische Botschafter 
erklärt, dass seine Regierung nicht von ihren Forderungen 
nachlassen könne. In der Wilhelmstrasse wie in der Presse 
führt man dieselbe Sprache.’) Die Mehrzahl der in Berlin an- 
wesenden Geschäftsträger besuchten mich heute Morgen. Sie 
äussern die Hoffnung auf eine friedliche Lösung. Der russische 
Cieschäftsträger bemerkte mit Bitterkeit, dass Oesterreich seine 
Note im Augenblicke überreicht hat, wo der Präsident der 
Republik und der Ministerpräsident Petersburg verlassen hat- 
ten.°) Er neigt der Ansicht zu, dass ein grosser Teil der öffent- 
lichen Meinung in Deutschland den Krieg wünscht und diese 
Gelegenheitausnützenmöchte, in der sich Oesterreich zweifellos 
einiger zeigt als in der Vergangenheit und der Kaiser auf Grund 
eines monarchischen Solidaritätsgefühles und aus Abscheu vor 
dem Attentat zu weniger Versöhnlichkeit hinneigt. 
Herr von Jagow soll mich heute Nachmittag empfangen. 
Bib. Nr. 8. !) Vergl. serb. Bib. Nr. 35. 
GIb.Nr.29. ') Es ist nicht verständlich, warum dieses Telegramm 
im Gib. als Stück 29 angeführt wird, während das Telegramm Bienvenu- 
Martins, in dem er den Ministerpräsidenten über Cambons Mitteilungen 
unterrichtet, als Stück 27 vorangeht. 
?) Cambon sagt also nur, dass die Presse «dieselbe Sprache 
führt>, d. h. der Ansicht ist, die Forderungen Oesterreichs können 
nicht beschnitten werden. Bienvenu Martin telegraphiert aber auf 
Grund des Cambonschen Telegrammes dem Ministerpräsidenten Viviani, 
dass der Ton der Presse drohend ist und Russland einschüch- 
tern wolle. Davon steht in dem Telegramm Cambons, wie man 
sieht, kein Wort. 
?®) Vergl. Gib. Nr. 22, woraus hervorgeht, dass Viviani und 
Sasonow noch vor der Abreise des Präsidenten die Richtlinien ihrer 
Politik und ihre Stellungnahme zu einer etwaigen Note Oesterreichs 
festsetzten. 
9 
Cambon über 
die Stimmung 
in Deutsch- 
land.
	        
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