122 24. Juli
Der französische stellvertretende Minister des Aeusseren,
Bienvenu-Martin, nach Stockholm, für den Minister-
präsidenten, und an die Vertreter Frankreichs.
Gelbbuch Nr. 27.
Der französische Botschafter in Wien teilt mir mit, dass.
die Öffentliche Meinung durch die Plötzlichkeit und die Ueber-
triebenheit der österreichischen Forderungen überrascht wurde,
dass aber die Militärpartei vor allem zu fürchten scheint, dass
Serbien nachgibt.
Der serbische Gesandte in Oesterreich glaubt, dass seine
Regierung, was die Bestrafung der an dem Attentat Mitschul-
digen und die Garantien für die Unterdrückung der österreich-
feindlichen Propaganda betrifft, sich sehr versöhnlich zeigen
wird,') dass sie aber keinen dem Könige vorgeschriebenen Tages-
befehl, keine Entlassung der für Oesterreich verdächtigen Of-
fiiziere und nicht die Einmischung fremder Beamter in Serbien
annehmen könne. Herr Jovanowitsch ist der Ansicht, dass,
wenn es möglich wäre, eine Diskussion anzubahnen, der Kon-
flikt unter Mithilfe der Mächte noch beigelegt werden könne.
Unser Botschafter in Berlin berichtet über die Bewegung,
die dort durch die österreichische Note hervorgerufen wurde,
und über die Auffassung des dortigen russischen Geschäfts-
trägers, der glaubt, dass ein grosser Teil der deutschen öffent-
lichen Meinung” den Krieg wünschen würde, Der Ton der
Presse ist drohend und scheint eine Einschüchterung Russ-
lands zu bezwecken.’) Unser Botschafter soll heute Abend
Herrn von Jagow: besuchen.
Herr Barrere berichtet, dass Italien in Wien in beruhigen-
dem Sinne einwirkt und Verwicklungen zu vermeiden sucht.
Der französische Botschafter in Berlin, Jules Cambon, an
den stellvertretenden französischen Minister des Aeus-.
seren, Bienvenu-Martin.
Gelbbuch Nr. 30.
Berlin.
Ich fragte den Staatssekretär in der Unterhaltung, die ich
heute mit ihm hatte, ob es Tatsache sei, wie die Zeitungen
G1b.Nr.27.') Die einzige Garantie sah Oesterreich in Punkt 5, der
von Serbien und dem Dreiverband als völlig unannehmbar bezeichnet
wurde.
?) Siehe Glb. Nr. 29 und die dazugehörige Fussnote 2.