Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Buchanan 
warntvoreiner 
russischen Mo- 
bilmachung, 
aufdie Deutch- 
land mit der 
Kriegserklä- 
rung 
antworten 
müsse. 
Sasonow 
scheut mit 
Frankreichs 
Hilfe keinen 
Krieg. 
134 25. Juli 
  
  
Exzellenz, dass Russland keine aggressiven Absichten habe 
und keine Aktion unternehmen würde, so lange es nicht dazu 
sezwungen werde. Oesterreichs Aktion sei in Wirklichkeit 
gegen Russland gerichtet. Es strebe danach, den gegenwär- 
tisren Status Quo im Balkan umzustürzen und dort seine 
eigene MHegemonie aufzupflanzen. 
Er glaube nicht, dass Deutschland wirklich den Krieg 
wünsche, aber sein Verhalten würde durch das unsrige be- 
stimmt. Wenn wir entschieden aui Seiten Frankreichs und 
Russlands stünden, würde es keinen Krieg geben, sollten wir 
das aber nicht tun, so würden Ströme Bluts vergossen und wir 
zu guter Letzt doch in den Krieg verwickelt werden. 
Ich entgegnete, England könnte in Berlin und Wien erfolg- 
reicher die Vermittlerrolle spielen als Freund, der, wenn seine 
Ratschläge zur Mässigung kein Gehör finden, eines Tages der 
Verbündete Russlands werden- könne, als wenn England sich 
gleich als Russlands Bundesgenosse erklärte. Seine Exzellenz 
meinte, dass Deutschland unglücklicherweise überzeugt sei, 
dass es auf unsere Neutralität rechnen könne. 
Ich sagte alles was ich konnte, um den Minister des 
Aeusseren zur Vorsicht zu mahnen und warnte ihn, dass 
wennRusslandmobilisiere,Deutschlandsich 
nicht mitdereigenen Mobilisationbegnügcn 
oder Russland für die seine Zeitlassen, son- 
dern wahrscheinlich sogleich den Krieg er- 
klären würde.’) Seine Exzellenz antwortete, dass Russ- 
land Oesterreich-Ungarn nicht erlauben könne, Serbien zu ver- 
nichten, um die vorherrschende Macht auf dem Balkan zu wer- 
den, und wenn Russland der Hilfe Frankreichs 
sicher sei, so würde es den Krieg nicht 
scheuen. Er versicherte mir noch einmal, dass es nicht sein 
Wunsch sei, den Konflikt zu überstürzen, dass ich aber — 
sollte es Deutschland nicht gelingen Oesterreich-Ungarn zu- 
rückzuhalten — die Lage als verzweifelt ansehen dürfe. 
Bib. Nr. 17. °) Hier erkennt die englische Diplomatie völlig die 
schwereKriegsgefahr. Wenn Russland mobilisiert, kann Deutschland nicht 
warten, wird nicht nur mobilisieren, sondern sogleich den Krieg er- 
klären. Nichtsdestoweniger tat im weiteren Verlauf der Krisis England 
nichts, um die russische Mobilmachung zu verhindern. Deutschland aber 
ging nicht so weit, wie England es angenommen hatte, erklärte nicht 
den Krieg, ja mobilisierte nicht einmal, sondern kündigte nur an, dass 
es, falls Russland seine Mobilisierung nicht einstelle, den Kriegszu- 
stand proklamieren müsse. Und dennoch schloss England sich weiter 
an Russland an.
	        
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