Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Oesterreichi- 
scher Bericht 
über ein Öster- 
reichisch-rus- 
sisches Ge- 
spräch in St. 
Petersburg. 
178 27. Juli 
  
Der österreichisch-ungarische Botschafter in St. Petersburg, 
Graf Szäpäry, an den österreichisch-ungarischen_Mini- 
ster des Aeusseren, Graf Berchtold. 
Kotbuch Nr. 31l. 
St.Petersburg. 
Soeben lange Unterredung mit Herrn Sasonow gehabt. 
Sagte dem Herrn Minister, ich hätte den Eindruck, dass man 
über den Charakter unserer Aktion in Russland in Irrtümern 
befangen sei. Man imputiere uns, hiemit einen Vorstoss auf 
den Balkan unternehmen und den Marsch nach Salonich oder 
gar nach Konstantinopel antreten zu wollen. Andere wieder 
gingen so weit, unsere Aktion nur als den Auftakt eines Prä- 
ventivkriezes gegen Russland zu bezeichnen. All dies sei 
irrige,zum Teilgeradezuunvernünftig. Das Ziel 
unserer Aktion sei Selbsterhaltung und Notwehr gegenüber 
einer ieindseligen, unsere Integrität bedrohenden Propaganda 
des Wortes, der Schrift und der Tat. Niemandem in Oester- 
reich falle es ein, russische Interessen bedrohen 
oder gar Händel mit Russland suchen zu wollen. Das Ziel je- 
doch, das wir uns vorgesetzt, seien wir unbedingt entschlossen 
zu erreichen und der Weg, den wir gewählt hätten, schien uns 
der zweckdienlichste. Da es sich aber um eine Aktion der Not- 
wehr handle, könne ich ihm nicht verhehlen, dass man sich bei 
einer solchen durch gar keine wie immer gearteten Konse- 
quenzen beirren lassen könne. 
Herr Sasonow stimmte mir bei. Unser Ziel, wie ich es 
ihm geschildert habe, sei ein vollkommen legitimes, aber er 
meine, der Weg, den wir zu dessen Erreichung verfolgen, 
sei nicht der sicherste. Die Note, die wir überreicht hätten, 
sei in der Form nicht glücklich. Er habe sie seitdem studiert 
und wenn ich Zeit hätte, möchte er sie nochmals mit mir 
durchschauen. Ich bemerkte, dass ich zu seiner Disposition 
sei, aber weder autorisiert sei, den Notentext mit ihm zu 
diskutieren, noch denselben zu interpretieren. Seine Bemer- 
kungen seien aber natürlich von Interesse. Der Herr Minister 
nahm sodann alle Punkte der Note durch und fand heute von den 
zehn Punkten sieben ohne allzu grosse Schwie- 
rigkeitenannehmbar, nur die zwei Punkte, betreffend 
die Mitwirkung von k. und k. Funktionären in Serbien und den 
Punkt, betreffend die Entlassung von unserseits zu bezeichnen- 
den Offizieren und Beamten, fand er in dieser Form unannehm- 
bar. Bezüglich der beiden ersten Punkte war ich in der Lage, 
eine authentische Interpretation im Sinne Euer Exzellenz Tele-
	        
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