27. Juli 185
dass sie eine solche Form annehmen könne. Ich fragte ihn, ob
es wiahr sei, dass er in Wien, wie gewisse Zeitungen behaup-
ten, eine Billigung der österreichischen Aktion und die Ver-
sicherung ausgesprochen habe, dass Italien Oesterreich gegen-
iiber seine Bundespflichten erfüllen werde. «Keineswegs, »
antwortete mir der Minister, «man hat uns nicht befragt, man
hat uns nichts gesagt, wir hatten also in Wien keine derartige
Mitteilung zu machen.»°)
Marquis di San Giuliano ist der Ansicht, dass Serbien
am Klügsten gehandelt hätte, wenn es die Note voll-
ständigsangenommen hätte ; auch heute noch, glaubt
er, wäre das die einzig richtige Lösung, da er
überzeugt ist, dass Oesterreich keine seiner Forderungen
zurücknehmen und sie selbst auf die Gefahr einer allgemeinen
Konflagration hin aufrecht erhalten wird; er zweifelt daran,
dass Deutschland geneigt sei, sich zu einer Aktion bei seinem
Verbündeten herzugeben. Er stellt iedoch fest, dass
Deutschland gegenwärtig viel Wert auf
seine Beziehungen zu London legt, und glaubt,
dass, wenn eine Macht Berlin zu einer friedlichen Aktion be-
stimmen kann, das England sei.
Was Italien betrifft, so wird es weiter alle Anstrengun-
gen zur Erhaltung des Friedens machen. Zu diesem Zwecke
hat er ohne zu zögern dem Vorschlage Sir Edward Greys, in
London die Botschafter der nicht unmittelbar an dem öster-
reichisch-serbischen Konflikte beteiligten Mächte zu vereini-
gen, beigestimmt.
Der englische Botschafter in Berlin, Sir E. Goschen, an den
englischen Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey.
Blaubuch Nr. J3.
Berlin.
Ihr Telegramm vom 26. Juli.)
Der Staatssekretär meint, dass die von Ihnen vorge-
schlagene Konferenz in Wirklichkeit ein Schiedsgericht sein
Gib. Nr. 72. *) Offenbar handelt es sich hier um die Erklärung der
italienischen Regierung, über die das K.k. Telegraphen-Korrespondenz-
Bureau am 26. Juli folgende Mitteilung machte: «Die italienische
Regierung hat der k. und k. Regierung die Erklärung zukommen
lassen, dass sie in einem eventuellen bewaffneten Konflikt zwischen
Oesterreich-Ungarn und Serbien eine freundschaftliche und dem
Bundesverhältnisse entsprechende Haltung einnehmen wird».
BIb. Nr. 43. ') Der englische Vermittlungsvorschlag, Bib. Nr. 36,
der aber erst jetzt in Berlin unterbreitet wurde; daher das Telegramm
des Reichskanzlers. Wb. Anlage 12.
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San Giuliano
empfiehlt, dass
Serbien jetzt
noch die For-
derungen ÜOe-
sterreich-Un-
garns vollstän-
dig annehme.
Es wäre dies
die einzig rich-
tige Lösung.
Kine Kon-
ferenz wäre
ein Schied3-
eericht.