27. Juli 193
an der süd-östlichen Grenze Oesterreichs zu erlangen. Da die
friedlichen Mittel erschöpft worden seien, müsse die öster-
reichisch-ungarische Regierung schliesslich zu den Waflien
greifen. Dieser Beschluss sei jedoch nur mit Widerstreben ge-
fasst worden. Diese Aktion, die keinerlei aggressive Tendenz
habe, könne nur als ein Akt der Selbsterhaltung betrachtet
werden. Ausserdem sei die österreichisch-ungarische Regie-
rung der Meinung, dass sie im Interesse Europas
handle.indem sie Serbien verhindere,in Zu-
kunfteinEiementderallgemeinenBeunruhi-
eung zu bilden, wie es während der letzten zehn Jahre
der Fall gewesen. Der hochausgebildete Gerech -
tigekeitssinn des britischen Volkes und Sei-
ner Staatsmänner könne die österreichisch-ungarische
Regierung gewiss nicht tadeln, weni die letztere ihren Besitz
mit dem Schwert verteidige und ihre Steliung zu einem Nach-
barlande, dessen feindliche Politik sie seit Jahren gezwungen
habe, das Nationalvermögen schwer schädigende Massregeln
zu ergreifen, ins Reine zu bringen suche. Schliesslich fühle die
österreichisch-ungarische Regierung im Vertrauen auf unsere
gegenseitigen freundschaftlichen Beziehungen, dass sie auf un-
sere Sympathien in einem ihr aufgezwungenen Kampfe und auf
unseren Beistand, den Krieg wenn nötig zu lokalisieren, rech-
nen könne.
Graf Mensdorff fügte als persönliche Bemerkung bei,
dass, solange Serbien der Türkei gegenüberstand, Oesterreich-
Ungarn in Anerkennung des Prinzips der Entwicklungsfreiheit
der Balkanstaaten nie sehr scharfe Massregeln ergriffen habe.
Nun, da Serbien seinen Umfang und seine Bevölkerung ver-
doppelt habe, ohne dass Oesterreich-Ungarn eingeschritten
wäre, sei die Unterdrückung der subversiven serbischen Be-
strebungen eine Sache der Selbstverteidigung und Selbst-
erhaltung für Oesterreich. Er wiederholte von Neuem, dass
Oesterreich-Ungarn keine Absicht hege, serbisches Gebiet
zu annektieren oder aggressive Pläne gegen serbisches Gebiet
auszuführen.
Ich sagte, ich könne die österreichische Auslegung der ser-
bischen Antwort nicht verstehen, und ich erzählte dem Grafen
Mensdorff im Wesentlichen die Unterhaltung, die ich heute
morgen mit dem deutschen Botschafter über jene Antwort
atte.
Graf Mensdorff gab zu, dass die serbische Antwort auf
dem Papier zufriedenstellend erscheinen möge; aber die Ser-
ben haben die Mitarbeit österreichisch-ungarischer Polizei-
organe und anderer Beamten verweigert, die einzige Garantie,
Mensdorff be-
tont den fried-
lichen, auf die
Beruhigune
Europas hin-
zielenden Cha-
rakter der
Aktion gegen
Serbien.
Mensdorff wie-
derholt, dass
(Oesterreich-
Ungarn keine
Gebietserwei-
terung an-
strebt.
Grey erklärt
die serbische
Antwort fürbe-
friedigend und
weist auf Eng-
lands Flotten-
massnahmen
hin.