Sasonow lässt
in London er-
klären, dass
Berlin intran-
sigent sei und
nichts für den
Frieden tue.
Der deutsche
Reichskanzler
erklärt seine
Bereitwillig-
keit zur Ver-
mittlung in
Wien und 8t
Petersburg.
204 28. Juli
Der russische Minister des ÄAeusseren, Sasonow, an den
russischen Botschafter in London, Graf Benckendorff.
Orangebuch Nr. 33.
St.Petersburg.
Meine Unterhaltungen mit dem deutschen Botschafter be-
stätigen meinen Eindruck, dass Deutschland der Intransigenz
Oesterreichs sympathisch gegenübersteht.
Das Berliner Kabinett, das die gesamte Entwicklung der
Krisis hätte aufhalten können, scheint keinerlei Ak-
tionaufseinen Verbündeten auszuüben.
Der Botschafter hält die serbische Antwort für unge-
nügend.
Diese Haltung Deutschlands ist besonders beunruhigend.
Es scheint mir, dass mehr denn irgend eine andere Macht
England in der Lage ist, in Berlin zu handeln, um die deutsche
Regierung zu der nötigen Aktion aufzufordern. In Berlin
liegst zweifellos der Schlüssel der Situation.
Der englische Botschafter in Berlin, Sir E. Goschen, an den
englischen Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey.
Blaubuch Nr. ’1l.
Berlin.
Auf Einladung des Reichskanzlers besuchte ich Seine
Exzellenz heute Abend. Er möchte, dass ich Ihnen mitteile,
dass er sehnlichst wünsche, Deutschland und Grossbritannien
mögen gemeinsam an der Erhaltung des allgemeinen Friedens
arbeiten, so wie sie es erfolgreich während der letzten euro-
päischen Krise getan hatten. Er sei ausser Stande gewesen,
Ihren Vorschlag, eine Konferenz der Vertreter der vier Mächte
anzunehmen, da er nicht an ihre Wirksamkeit glaube und weil
er der Meinung sei, eine derartige Konferenz würde wie ein
«Areopag» aussehen, der aus zwei Mächten jeder Gruppe be-
stehen würde, die über die andern beiden zu Gericht sässen.
Aber aus der Unmöglichkeit, in der er sich befände, die vor-
geschlagene Konferenz anzunehmen, dürfe nicht abgeleitet
werden, dass er nicht tatkräftig mitwirken wolle. Sie könnten
versichert sein, dasser sowohlin Wienalsin St. Pe-
tersburg sein Bestes tue, um die dortigen Kabinette
zu bestimmen, miteinander direkt in freundschaft-
licher Weise die Sache zu diskutieren. Er hege grosse
Hoffnung, dass eine solche Diskussion stattfinden und zu einem
befriedigenden Resultat führen müsste, wenn sich aber die