Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

28. Juli 211 
  
einice Forderungen ihm ganz unannehmbar schienen, was er 
auch Euer Exzellenz nicht verhehlt habe. Es schiene ihm unter 
diesen Umständen, dass die serbische Antwortnote geeignet 
sei, den Ausgangspunkt zu einer Verständigung abzugeben, 
wozu die russische Regierung gerne die Hand bieten möchte. 
Herr Sasonow wolle mir daher vorschlagen, dass der Ge- 
dankenaustausch mit Euer Exzellenz Fortsetzung finde und 
Euer Exzellenz diesbezüglich mit Instruktionen versehen 
werden. 
In meiner Entgernung betonte ich, dass ich auf einen 
derarticen Vorschlag nicht eingehen könne. Eine 
Verhandlung über den Wortlaut der von uns als unbefriedigend 
bezeichneten Antwortnote könnte bei uns niemand verstehen 
und niemand billigen. Es wäre dies umso weniger möglich, 
als sich, wie der Botschafter wisse, bereits eine tieifgehende 
allcemeine Erregung der öffentlichen Meinung bemächtigt 
hätte, überdies unsererseits heute der Krieg an Serbien er- 
klärt worden sei. 
Auf die Auseinandersetzungen des Botschafters, welche 
hauptsächlich darin gipfelten, dass wir die durchaus nicht 
abgeleugnete feindselige Stimmung in Serbien durch eine krie- 
gerische Aktion nicht niederringen, im Gegenteile nur steigern 
würden, gab ich ihm einige Streiflichter hinsichtlich unseres 
derzeitigen Verhältnisses zu Serbien, welches es unvermeidlich 
mache, ganz gegen unseren Willen und ohne jede egoistische 
Nebenabsicht unserem unruhigen Nachbar mit dem nötigen 
Nachdrucke unsere ernste Absicht zu zeigen, nicht länger 
eine von der Regierung zeduldete, gegen den Bestand der 
Monarchie gerichtete Bewegung zuzulassen. Die Haltung Ser- 
biens nach Empfang unserer Note sei übrigens nicht darnach 
gewesen, eine friedliche Beilegung zu ermöglichen, indem Ser- 
bien, noch bevor es uns eine ungenüsgende Antwort übergeben 
liess, die allgemeine Mobilisierung angeordnet und schon da- 
durch uns gegenüber einen feindseligen Akt vorgenommen 
habe. Trotzdem hätten wir noch drei Tage zugewartet. Gestern 
seien nun serbischerseits gegen uns die Feindseligkeiten an 
der ungarischen Grenze eröffnet worden. Dadurch sei uns die 
Möglichkeit benommen, bei unserer Serbien gegenüber be- 
wiesenen Langmut 'wieiter zu beharren. Die Herbeiführung 
einer gründlichen, aber friedlichen Sanierung unseres Verhält- 
nisses zu Serbien sei uns nunmehr unmöglich gemacht worden 
und wir seien gezwungen, den serbischen Provokationen in 
der Form entgegenzutreten, die unter den gegebenen Umstän- 
den der Würde der Monarchie allein entspreche.!) 
Rb. Nr. 40. ') Von einer Ablehnung der direkten Verhand- 
lungen ist hier keine Rede. Siehe Ob. 45.
	        
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