28. Juli 213
serbischen Antwort bezwecke, nutzlos und übrigens
verspätet sei, da der Krieg mittags offiziell erklärt wurde.
Die Haltung meines russischen Kollegen hat sich bis jetzt
nicht geändert; nach seiner Ansicht handelt es sich nicht
darum, den Konflikt zulokalisieren, sondern einfach ihn
zu verhindern.') Die Kriegserklärung wird (die Einleitung der
Pourparlers zu vieren, wie die Fortsetzung der direkten Unter-
Jıaltungen zwischen Herrn Sasonow und dem Grafen Szäpäry
recht erschweren.
Man gibt hier vor, dass die Formel, die Deutschlands An-
schluss zu ermöglichen schien, «Vermittlung zwischen Oester-
reich und Russland», den Fehler habe, zwischen den beiden
Reichen einen Konflikt zu verzeichnen, der bis jetzt nicht
bestehe. °)
Unter den Verdachtsmomenten, die der plötz-
liche und gewaltsame Entschluss Oesterreichs einflösst, ist die-
ses das beunruhigendste, dass Deutschland Oesterreich zu der
Aggression gegen Serbien gestossen habe, um selbst ge-
senRussland und Frankreich Kriegführen zu
können, unter den Umständen, die es als die günstigsten er-
achtet, und unter voraus bestimmten Bedingungen.’)
Der österreichisch-ungarische Minister des Aeusseren, Graf
Berchtold, an den österreichisch-ungarischen Botschafter
in London, Graf Mensdorff.
Rotbuch Nr. 41.
Wien.
Der englische Botschafter, wielcher heute bei mir vor-
sprach, hat mir auftraggemäss den Standpunkt Sir E. Greys
zu unserem Konflikte mit Serbien in folgender Weise ausein-
andergesetzt:
Die englische Regierung habe mit lebhaftem Interesse
den bisherigen Verlauf der Krise verfolgt und lege Wert da-
Gib. Nr. 83. ') Schebeko charakterisiert hier sehr richtig die
russische Politik: Die österreichisch-serbische Auseinandersetzung
muss verhindert werden. England und Frankreich wollten sie europäi-
sieren, was auf dasselbe hinaus kam.
) «Man gibt vor» usw. Einer von denen, die das «vorgaben»,
war auch Dumaine, worauf in der Anmerkung zu Bib. Nr. 40 hinge-
gewiesen wurde.
®) Man ist immer wieder durch das Auftauchen solch rein
persönlicher «Verdachtsmomente> in dem französischen Schriftwechsel
betroffen. Dumaine führt kein Argument an; er äussert subjektive
Stimmungen anstatt Informationen zu geben.
Ein erundle-
gendes eng-
lisch-österrei-
chisches Ge-
spräch in\Wien:
England will
um jeden Preis
den österrei-
chisch-serbi-
schen Konflikt
europäisieren.
Oesterreich-
Ungarn be-
harrt auf
seinen staatli-
chen Notwen-
digkeiten.