Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Oesterreich er- 
sucht Deutsch- 
land, gegen 
Russlands Mo- 
bilmachung zu 
protestieren 
und Gegen- 
massreeeln an- 
zukündigen. 
216 28. Juli 
  
  
  
wegen der grossen Gefahr einer europäischen Konflagration 
von besonderem Werte wäre. 
Ich erwiderte, ich stünde dem Herrn Botschafter jederzeit 
zur Verfügung, womit unsere Konversation schloss.?) 
Der österreichisch-ungarische Minister des ÄAeusseren, Graf 
  
Berchtold, an den österreichisch-ungarischen Botschafter 
  
in Berlin, Graf Szögyeny. 
  
Rotbuch Nr. 42. 
Wien. 
Ich ersuche Euer Exzellenz sich sofort zum Herrn Reichs- 
kanzler oder Staatssekretär zu begeben und ihm folgendes in 
meinem Namen mitzuteilen: 
Nach übereinstimmenden Nachrichten aus St. Petersburg, 
Kiew, Warschau, Moskau und Odessa trifit Russland umfang- 
reiche militärische Vorbereitungen. Herr Sasonow hat zwar 
cbenso wie der russische Kriegsminister unter Ehrenwort ver- 
sichert, dass eine Mobilisierung bisher nicht angeordnet wurde, 
der letztere hat jedoch dem deutschen Militär-Attach& mitge- 
teilt, dass die gegen Oesterreich-Ungarn gelegenen Militär- 
bezirke Kiew, Odessa, Moskau und Kasan mobilisiert werden 
würden, wenn unsere Truppen die serbische Grenze über- 
schritten. 
Unter diesen Umständen möchte ich das Berliner Kabinett 
aringend ersuchen, der Erwägung näher zu treten, obnicht 
Russlandinfreundschaftlicher Weise darauf 
aufmerksam gemacht werden sollte, dass die 
Rb. Nr. 41. ?) Ueber dasselbe Gespräch berichtet Bunsen, Bib. 
Nr. 62, wobei die Argumente, mit denen Berchtold antwortet, so gut wie 
gar nicht wiedergegeben werden. Der in Anmerkung 2 erörterte 
Sophismus tritt hier in den Schlussworten, wie Bunsen sie be- 
richtet, noch einmal deutlich hervor: «Indem ich mich von S. Ex. 
verabschiedete, bat ich ihn zu glauben, dass wenn im Laufe der gegen- 
wärtigen schweren Krisis unser Standpunkt manchmal von dem seinigen 
abweichen sollte, das nicht daran liegen würde, dass wir die vielen 
gerechten Klagen Oesterreich-Ungarns gegen Serbien nicht verstünden, 
sondern daran, dass während Oesterreich-Ungarn seinen Streitfall mit 
Serbien in erster Linie sehe, wir uns vor allem um den Frieden 
Europas sorgten. Ich sei sicher, dass dieser weitere Gesichtspunkt 
der Frage mit derselben Stärke S. Ex. vorschwebe. Er antwortete, 
er zöge ihn auch in Betracht, doch meinte er, dass sich Russland 
Massnahmen, wie den bevorstehenden, nicht widersetzen sollte, da 
sie eine Gebietsvergrösserung nicht bezweckten und nicht länger aul- 
geschoben werden könnten. >
	        
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