Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

28. Juli 217 
  
  
  
Mobilisierung obiger Bezirke einer Bedrohung Oesterreich- 
Ungarns gleichkäme und daher, falls sie tatsächlich erfolgt, 
sowohl von der Monarchie als vom verbündeten Deutschen 
Reiche mit den weitestgehenden militärischen Gegen- 
massregeln beantwortet werden müsste. 
Um Russland ein eventuelles Einlenken zu eT- 
leichtern, schiene es uns angezeigt, dass ein solcher Schritt 
vorerst von Deutschland allein unternommen werden sollte; 
doch wären wir natürlich bereit, den Schritt auch zu zweien 
zu machen. 
Eine deutliche Sprache schiene mir in diesem Augenblick 
das wirksamste Mittel, um Russland dieganze Trag- 
weite eines drohenden Verhaltens zum Be- 
wusstsein zubringen.) 
Der österreichisch-ungarische Minister des Aeusseren, Graf 
Berchtold, an den österreichisch-ungarischen Botschafter 
in Berlin, Graf Szögyeny. 
Rotbuch Nr. 3. 
  
Wien. 
Der kaiserlich deutsche Botschafter hat mir mitgeteilt, 
dass Sir E. Grey sich mit der Bitte an die deutsche Regierung 
gewendet habe, sie möge ihren Einfluss bei der k. und k. Re- 
gierung geltend machen, dass diese die Antwort aus Belgrad 
entweder als genügend betrachte oder als Grundlage für Be- 
sprechungen unter den Kabinetten akzeptiere. 
Herr von Tschirschky war beauftragt, den englischen Vor- 
schlag dem Wiener Kabinette zur Erwägung zu unterbreiten. 
Rb. Nr. 42. ') Die Bedeutung dieses Dokumentes kann nicht 
stark genug unterstrichen werden. Es ist eines der wichtigsten Schrift- 
stücke aus der ganzen Krisis. Denn es beweist, wie hinfällig die These 
des Dreiverbandes ist, der die deutschen Demarchen in St. Peters- 
burg zu der russischen Mobilmachung als Gewaltakt Deutschlands 
hinstellt, das auf eigene Faust einen deutsch-russischen Krieg vom 
Zaune bricht, derweil Oesterreich bereit war, sich den russischen Wün- 
schen zu unterwerfen. Aus Rb. 42 geht klar hervor, dass die deutschen 
Demarchen logisch aus der Österreichisch-russischen Krisis heraus- 
wuchsen. Sie geschahen auf Oesterreichs Anregung. Und während die 
Dreiverbandsveröffentlichungen in der deutschen Demarche einen 
brüsken und unhöflichen Akt sehen wollten, war sie ausdrücklich als 
höflicher Akt gedacht, «um Russland ein eventuelles Einlenken zu 
erleichtern», da eine österreichische oder österreichisch-deutsche De- 
marche in St. Petersburg entschieden verstimmt hätte. Die Legende 
von einer plötzlichen Kriegspolitik Deutschlands, im Gegensatz zu einem 
nachgiebigen Oesterreich, fällt damit zusammen. 
15 
Berchtold 
lehnt die durch 
Deutschland 
übermittelten 
englischen 
Vorschläge,die
	        
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