29, Juli 223
sich mit keiner Verpflichtung Oesterreichs,
welcher Art sie auch sei, über diese beiden
Punkte begnügen könne, und dass der Mobil-
machungsbefehl gegen Oesterreich an dem
Tazgeproklamiertwürde,andemesdieserbi-
sche Grenze überschreite.’)
Ich sagte dem deutschen Botschafter, welcher mich bat,
dem russischen Minister des Aeusseren mässigende Ratschläge
zu erteilen, dass ich das von Anfang an ständig getan hätte und
dass es nın am deutschen Botschafter in Wien sei, dort eben-
falls beschwichtigende Ratschläge zu erteilen. Ich habe Seiner
Exzellenz klar zu verstehen gegeben, dass, da Russland die
Dinge ausserordentlich ernst nimmt, es unmöglich sein würde,
einen allgemeinen Krieg zu verhindern, wenn Oesterreich Ser-
bien angreife.
Was die Anregung zur Abhaltung einer Konferenz betrifft,
so hatte der Botschafter noch keine Weisungen erhalten, und
ehe der französische und italienische Botschafter mit mir
gemeinsam handeln, warten sie noch endgiltige Instruktionen
ab.
Der englische Botschafter in Berlin, Sir E. Goschen, an den
englischen Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey.
Blaubuch Nr. 75.
Berlin.
Der Reichskanzler hat mich heute wieder rufen lassen
und sagte mir, dass er bedaure, dass die Österreichisch-un-
garische Regierung, der er Ihre Ansicht sofort mitgeteilt habe,
geantwortet hat, die Ereignisse seien so rasch weiter ge-
schritten, dass es zu spät sei, Ihren Vorschlag auszuführen,
demzufolge die serbische Antwort die Grundlage zur Ver-
Blb.Nr.72.°) HiersprichtSasonow die volle Wahrheit: Keine öster-
reichische Versicherung kommt für ihn in Betracht. Wenn Oesterreich Ser-
bien bekriegt, wird Russland gegen Oesterreich Krieg führen. Alle andern
Behauptungen Sasonows über seine Mobilmachung, seine hier und da
Deutschland und Oesterreich-Ungarn beruhigende Haltung maskieren
diese Tatsache, dass Russland unwiderruflich den Krieg wollte. Weiter
lehrt Bib. Nr. 72, dass England also diese wahre Haltung Russlands
kannte; doch es tat nichts, um Russland zu einer andern Auffassung zu
bekehren, ja blieb weiter mit Russland solidarisch. Deutschland kannte
weder diese wahre Haltung Russlands noch Englands Mitwisserschaft
und verhandelte und wirkte auf Englands Betreiben in Wien, um Oester-
reich-Ungarn zu Zugeständnissen zu bringen, die, wie England wusste,
Russland fest entschlossen war, in keinem Fall gelten zu lassen.
Der Reichs-
kanzler hofft.
dass Grey die
deutschen Be-
mühungen in
\Wien und
Deutschlands
Vertrauen in
England zu
würdigen
wisse.