29. Juli 227
rische Aktion vor, aber die Unruhe ist in allen Kreisen so
gross, dass eine brüske Intervention gegen uns hier niemand
überraschen würde. Meine rıssischen und englischen Kolle-
gen teilen diese Ansicht.
Die belgische Regierung nimmt die Massregeln, die der
mir gestern von Herrn Davigrnon gemachten Erklärung ent-
sprechen, !) dass alles ins Werk gesetzt wird, um die Neu-
tralität des Landes zu verteidigen.”)
Der österreichisch-ungarische Minister des Aeusseren, Graf
Berchtold, an die österreichisch-ungarischen Botschafter
in St. Petersburg, London, Paris und Rom.
Rotbuch Nr. 44.
Wien.
Zu Euer Exzellenz Information :
Ich habe heute dem kaiserlich deutschen Botschafter das
nachfolgende Memoire in Beantwortung eines von demselben
bei mir unternommenen Schrittes zukommen lassen:
Memoire.
Die k. und k. Rezierung hat mit dem ergebensten Danke
von der Mitteilung Kenntnis genommen, welche ihr der Herr
kaiserliche deutsche Botschafter am 28. d. M. über das Er-
suchen des englischen Kabinettes gemacht hat, es möge die
kaiserlich deutsche Regierung ihren Einfluss beim Wiener
Kabinette geltend machen, damit dieses die Antwort aus Bel-
Gib. Nr. 87. ') Ueber diese Erklärung ist weder im Gib. noch
im Grb. ein Dokument enthalten.
?) Vergl. hiermit das Gespräch Jules Cambon mit dem belgischen
Gesandten in Berlin. Gib. Nr. 35. Hier wie dort wird die deutsche Politik, ja
dieWahrhaftigkeit der deutschen Erklärungen von belgischen verantwort-
lichen Staatsmännern im Gespräche mit französischen Diplomaten auf
das Schärfste verdächtigt. Eine Diskussion der Frage der belgischen
Neutralität ist in diesen Anmerkungen, die sich nur mit den sieben Akten-
sammlungen befassen, nicht am Platze. Anlässlich dieser beiden Schrift-
stücke muss man jedoch, ohne der Voreingenommenheit beschuldigt
zu werden, seltsame Rückschlüsse auf die Haltung der belgischen
Regierung während der Krisis im Juli-August 1914 ziehen. Auf jeden
Fall lassen diese beiden intimen Gespräche belgischer und französi-
scher Staatsmänner, die sich in der Verurteilung und Verdächtigung
der deutschen Politik einig sind, vermuten, dass andere wichtige Ge-
spräche der Dreiverbands- und der belgischen Diplomatie während der
Krisis stattgefunden haben. Das belgische Grb. verrät, wie bereits in
der Einführung erwähnt, nichts hierüber. Es enthält keinen Bericht
über diese beiden Gespräche, wie auch nicht das in dem Schreiben
des belgischen Gesandten in St. Petersburg S. 258 erwähnte Telegramm.
Berchtold lässt
in Berlin er-
klären, warum
er den durch
Deutschland
übermittelten
Wunsch Greys,
die serbische
Antwort zu be-
rücksichtigen,
nicht erfüllen
kann.