Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

29. Juli 231 
  
wohl nachdrücklichst bestätigen, dass in den Fronten, die auf 
unsere (Grenzen gerichtet seien, von Seiner Majestät keine Mo- 
bilisierung gewünscht würde. Es sind aber hier über erfolgte 
Einziehung der Reservisten in verschiedenen Teilen des Reichs 
auch in Warschau und in Wilna, vielfache Nachrichten ein- 
gegangen. Ich habe deshalb dem General vorgehalten, dass 
ich durch die mir von ihm gemachten Eröffnungen vor ein 
Rätsel gestellt sei. Auf Offiziersparole erwiderte er 
mir jedoch, dass solche Nachrichten unrichtig seien, es möge 
hier und da allenfalls ein falscher Alarm vorliegen. 
Ich muss das Gespräch in Anbetracht der positiven, zahl- 
reichen, über erfolgte Einziehungen vorliegenden Nachrichten 
als einen Versuch betrachten, uns über den Umfang der bis- 
herigen Massnahmen irrezuführen.”) 
Der russische Minister des Aeusseren, Sasonow, an den rus- 
sischen Geschäftsträger in Berlin, von Bronewski. 
Orangebuch Nr. 49 
St. Petersburg. 
Der deutsche Botschafter teilt mir im Namen des Reichs- 
kanzlers mit, dass Deutschland unaufhörlich in Wien einen be- 
schwichtigenden Einfluss ausübe und dass es diese Aktion 
sogar nach der Kriegserklärung fortsetzen werde. Bis heute 
morgen traf keine Nachricht ein, dass die österreichischen 
Heere die serbische Grenze überschritten hätten. Ich bat den 
Botschafter, dem Kanzler meinen Dank für den freundschatt- 
lichen Ton dieser Mitteilung auszusprechen. Ich verständigte 
ihn von den Militärmassnahmen, die Russland getroffen hat, 
deren keine, sagte ich, gegen Deutschland gerichtet sei; 
ich fügte hinzu, dass sie ebensowenig aggressive Massregeln 
gegen Oesterreich einbegriffen, da diese Massregeln nur durch 
die Mobilmachung des grösseren Teiles der österreichisch-un- 
garischen Armee zu erklären sind. 
Da der Botschafter sich zugunsten direkter Aussprache 
zwischen dem Wiener Kabinett und ums äusserte, antwortete 
ich, dass ich dazu völlig geneigt sei, wenn die Ratschläge des 
Berliner Kabinettes, von denen er sprach, in Wien ein Echo 
fänden. 
Wb.Denkschrift. ?) Man muss bedenken, dass der Absender 
dieses Telegrammes selbstverständlich nicht die Aeusserungen Saso- 
nows dem englischen und franz{‘sischen Botschafter gegenüber und 
die Telegramme an die russischei. Rotschafter kennen konnte, die ja 
in noch höherem Masse als die dei ' ‚ttach& zur Verfügung stehenden 
Nachrichten mit den Versicherungen des Generalstabschefs kon- 
trastierten. 
Sasonow gibt 
dem deutschen 
Botschafter 
friedfertige Er- 
klärungen ab, 
die im Wider- 
spruch zu sSei- 
nen andern 
Aeusserungen 
stehen.
	        
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