29. Juli 237
Mobilisation an den grossbritannischen Botschafter in Berlin
gerichtet hat. Seine Exzellenz hatte bereits aus anderer Quelle
darüber erfahren. Er erklärte, dass die Mobilisation nur gegen
Oesterreich-Ungarn gerichtet sei.
Die österreichisch-ungarische Regierung hätte nun end-
eiltig eine direkte Aussprache zwischen Wien und St. Peters-
burg abgelehnt.’) Der Minister des Aeusseren sagte, dass er
einen solchen Meinungsaustausch auf den Rat des deutschen
Botschafters vorgeschlagen habe. Er habe sich vorgenommen,
wenn er diese Ablehnung seitens Oesterreich-Ungarns dem
deutschen Botschafter mitteile, darauf zu dringen, dass man
auf Ihren Vorschlag über eine Konferenz der vier Botschafter
zurückkomme, oder wenigstens einen Meinungsaustausch
zwischen den (drei Botschaftern der weniger beteiligten
Mächte, Ihnen selbst und, wenn Sie meinten, dem österrei-
chisch-ungarischen Botschafter. Jeder Ausweg, den Frankreich
und England guthiessen, würde für ihn annehmbar sein, und es
sei ihm gleich, welche Form solche Verhandlungen annähmen.
Man dürfe ietzt keine Zeit verlieren, und das einzige Mittel,
den Krieg zu verhindern, sei für Sie, durch Gespräche mit den
Botschaftern, individuelle oder kollektive, eine Formel zu fin-
den, zu deren Annabme man Oesterreich bringen könne. Die
ganze Zeit über wäre die russische Regierung vollkommen
offen und versöhnlich gewesen und habe alles getan, was in
ihrer Macht gelegen, um den Frieden zu erhalten. Wenn Ihre
Bemühungen, den Frieden zu erhalten, misslängen, so hoffe er,
dass das englische Volk davon überzeugt sein würde, dass dies
nicht Russlands Schuld sei.
Ich fragte ihn, ob er Bedenken gegen die Ausführung des
Vorschlags hätte, der im Telegramm aus Rom?) vom 27. Juli
enthalten war und welchen ich ihm auseinandersetzte. Seine
Exzellenz erwiderte, dass alles, was die vier Mächte be-
schlössen, auch seinen Beifall finden würde, vorausgesetzt dass
es Serbien genehm sei; er könne nicht, sagte er, serbischer als
Serbien sein. Indessen müssten noch einige Zusätze und Fr-
läuterungen gemacht werden, um die Schroffheit des Ultima-
tums zu mildern.
Blb. Nr. 78. ?) Man muss annehmen, dass dieses Gespräch nach dem
Gespräch mit Szäpäry stattfand, da hier die Teilmobilmachung als an-
geordnet, dort als bevorstehend bezeichnet wird. Dennoch hält Saso-
now, trotz Szäpärps Erklärungen, die falsche Behauptung, Oesterreich
habe direkte Verhandlungen abgelehnt, aufrecht.
®) Bib. Nr. 57.
Sasonow er-
klärt sich dem
englischen _
Botschafter °
gegenüber be-
reit, alle eng-
lischen Vor-
schläge - anzu-
nehmen.