29. Juli 251
ohne diese Täuschung die Ereignisse eine andere Wendung
xenommen hätten. ')
Der deutsche Botschafter wandte nichts gegen meine
Aeusserungen ein; tatsächlich sagte er mir, dass das mit dem
übereinstimme, was er bereits als seine persönliche Auffas-
sung über die Lage nach Berlin berichtet habe.
Der englische Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Crey,
an den englischen Botschafter in Berlin, Sir E. Goschen.
Blaubuch Nr. 90.
London.
—,— —
— Tg JE
Was die Vermittlung zwischen Oesterreich und Russ-
land betrifft, sagte ich, dürfe sie nicht die Form annehmen,
dass Russland gezwungen würde, beiseite zu stehen, wäh-
rend Oesterreich so weit gehen könne wie es ihm passe,
Das wäre keine Vermittlung, sondern ein Druck auf Russ-
land in Oesterreichs Interesse. Der deutsche Botschafter
sagte, dass nach der Ansicht der deutschen Regierung Oester-
reich nicht mit Gewalt gedemütigt werden und nicht seine
Stellung als Grossmacht aufgeben könne. Ich sagte, das
wäre ganz meine Ansicht, aber es handle sich nicht darum,
Oesterreich zu demütigen, es handle sich darum, wie weit
Oesterreich beabsichtige, die Demütigung anderer zu treiben.
Es musste natürlich irgend eine Demütigung Serbiens statt-
finden, aber Oesterreich könnte die Dinge so weit treiben,
dass sie eine Demütigung Russlands mit sich brächten.?)
Bib. Nr. 89. ') Damit stellte Grey, wenn man die weitschwei-
figen Sätze auf ihren Sinn zurückführt, einen deutsch-englischen Krieg
in Aussicht, falls aus dem Österreichisch-serbischen Krieg ein allge-
meiner Krieg werden sollte. Von Belgien und dergleichen konnte na-
türlich in diesem Augenblick noch keine Rede sein. Grey nahm also
den deutsch-englischen Krieg in Aussicht, ohne dass weder er noch
sonst jemand an die Verletzung der belgischen Neutralität dachte.
Bib. Nr. 90. ') Grep erwähnt im Gespräch mit Lichnowskp
die italienische Anregung und ergeht sich in Klagen gegen Oester-
reich-Ungarn.
°) Grep gibt also die Notwendigkeit einer Demütigung Serbiens
zu. Diese Demütigung aber gerade will Russland nicht zulassen, sie
sieht es als die Verletzung des russischen Interesses an, siehe Rb.
Nr. 47. Wieder steht im Prinzip Grey auf ganz anderem Standpunkt
als Russland, was ihn nicht hindert, praktisch sich Russlands Argu-
mente anzueignen, wie die weiteren Ausführungen dieses Dokumentes
zeigen. '
Grey vertritt
den russischen
Gesichtspunkt.