Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

reich-Ungarn 
aus, er weist 
auf den wahr- 
scheinlichen 
Krieg hin und 
bittet um Ein- 
wirkung in 
Wien. 
Der deutsche 
Kaiser recht- 
fertigt Oester- 
reich-Ungarns 
Vorgehen unıl 
ersucht Russ- 
land, abzuwar- 
ten und nicht 
durch militä- 
rische Mass- 
nahmen alle 
Vermittlungen 
zu zerstören. 
254 29. Juli 
  
  
  
ein schwiaches Land erklärt worden, die Entrüstung hierüber, 
dieichvölligteile, ist in Russland ungeheuer. Ich sehe 
voraus, dass ich sehr bald dem Druck, der auf 
michausgeübt wird,nichtmehr werde wider- 
stehen können und gezwungen sein werde, Massregeln 
zu ergreifen, die zum Kriege führen werden. Um 
einem Unglück, wie es ein europäischer Krieg sein würde, vor- 
zubeugen, bitte ich Dich im Namen unserer alten Freundschait, 
alles Dir mögliche zu tun, um Deinen Bundesgenossen davon 
zurückzuhalten, zu weit zu gehen. ') 
gez. Nikolaus. 
Der Deutsche Kaiser an den Kaiser von Russland. 
Weissbuch, Anlage 22. 
Ich habe Dein Telegramm erhalten und teile Deinen 
Wunsch nach Erhaltung des Friedens. Jedoch kann ich — wie 
ich Dir in meinem ersten Telegramm sagte — Oesterreich- 
Ungarns Vorgehen nicht als «schmählichen Krieg » be- 
trachten. Oesterreich-Ungarn weiss aus Erfahrung, dass Ser- 
biens Versprechungen, wenn sie nur auf dem Papier stehen, 
gänzlich unzuverlässig sind. Meiner Ansicht nach ist Oester- 
reich-Ungarns Vorgehen als ein Versuch zu betrachten, 
volle Garantie dafür zu erhalten, dass Serbiens Versprechungen 
auch wirklich in die Tat umgesetzt werden. In dieser Ansicht 
werde ich bestärkt durch die Erklärung des österreichischen 
Kabinetts, dass Oesterreich-Ungarn keine territorialen Erobe- 
rungen auf Kosten Serbiens beabsichtige. Ich meine da- 
her, dass es für Russland durchaus möglich 
ist, dem österreichisch-serbischen Krieg 
gegenüberinderRolledesZuschauerszuver- 
harren, ohne Europa in den schrecklichsten 
Krieg hineinzuziehen, den es jemals erlebt 
hat. Ich glaube, dass eine direkte Verständigung zwischen 
Deiner Regierung und Wien möglich und wünschenswert ist, 
Wb.Anlage21. ') Hier spricht der Zar es ganz klar aus, dass 
wenn Oesterreich-Ungarn nicht nachgibt, er militärische Massregeln 
ergreifen werde, die zum Kriege führen müssen. Damit wird den 
späteren russischen und französischen Behauptungen, nicht die russi- 
schen Massregeln haben den Krieg verursacht, sondern die deutsche 
Forderung, sie einzustellen, das denkbar schärfste und das berufenste 
Dementi entgegengehalten. Charakteristisch ist ausserdem die 
Wendung von dem «Druck», der auf den Zaren ausgeübt wird. Man 
vergleiche dieses Eingeständnis mit der Petersburger Friedensidylie, 
die Pal&ologue in seinen Telegrammen schildert.
	        
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