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5. «Von der ersten Stunde an mussten wir mit Bedauern fest-
stellen, dass unsere Dispositionen und Bemühungen in Berlin kein
Echo fanden. Nicht nur schien Deutschland keineswegs geneigt,
Oesterreich-Ungarn die freundschaftlichen Ratschläge zu geben, zu
denen seine Stellung es berechtigte, es schien sich vielmehr von
diesem Augenblick an und mehr noch in den folgenden Tagen zwi-
schen das Wiener Kabinett und die Vermittlungsvorschläge der andern
Mächte zu drängen. >»
6. «Seit dem Morgen des 25. Juli, d. h. noch ehe die Frist, die
Oesterreich-Ungarn Serbien bewilligt hatte, abgelaufen war, hielt es
die Truppen Elsass-Lothringens in den Kasernen bereit. Am selben
Tage wurden die Kunstbauten in der Nähe der Grenze gerüstet. Am
26. schrieb es den Eisenbahnen Vorbereitungsmassnahmen für die
Konzentration vor. Am 27. nahm es Requisitionen vor und stellte
Deckungstruppen auf. Am 28. begannen die persönlichen Reservisten-
aufgebote, und die der Grenze entfernten Elemente wurden ihr
näher gebracht. Konnten alle diese mit unerbittlicher Methode be-
triebenen Massregeln uns über die deutschen Absichten im Zweifel
lassen? Das war die Lage, als die deutsche Regierung am Abend
des 31. Juli, nachdem sie seit dem 24. mit keiner positiven Handlung
an den versöhnlichen Bemühungen des Dreiverbandes teilgenommen
hatte, an die russische Regierung ein Ultimatum richtete, unter dem
Vorwand, dass Russland die allgemeine Mobilmachung seiner Heere
angeordnet hatte, und in einer Frist von 12 Stunden die Einstellung
dieser Mobilmachung forderte. >»
7. <Am selben Abend, ohne sich um die Annahme des eng-
lischen Vorschlages... durch das Petersburger Kabinett zu kümmern,
erklärte Deutschland an Russland den Krieg. Gleichzeitig, ohne Rück-
sicht auf die äusserste Mässigung Frankreichs, im Widerspruch zu
den friedlichen Erklärungen des deutschen Botschafters in Paris, in
Verletzung der Regeln des internationalen Rechtes, überschritten die
deutschen Truppen an drei verschiedenen Punkten unsere Grenze.
Gleichzeitig, in Vergewaltigung des Vertrages von 1867, der mit
Preussens Unterschrift die Neutralität Luxemburgs gewährleistete,
fielen sie in das Gebiet des Grossherzogtums ein, somit den Protest
der Luxemburger Regierung hervorrufend. Schliesslich wurde selbst die
belgische Neutralität bedroht... Seitdem erneuerten sich die Ueber-
fälle, vermehrten sich und wurden deutlicher. Auf mehr als 15 Punkten
wurde unsere Grenze verletzt. Gegen unsere Soldaten und Zollwächter
wurden Gewehrschüsse abgegeben. Dabei gab es Tote und Verwundete.
Gestern warf ein deutscher Flieger drei Bomben auf Luneville. — Der
deutsche Botschafter, dem ich wie allen Grossmächten diese Tatsachen
mitteilte, dementierte sie nicht und sprach kein Bedauern aus. Dagegen
kam er gestern, um seine Pässe zu verlangen und uns den Kriegs-
zustand zu notifizieren, indem er, der Wahrheit zuwider, feindliche