30. Juli 269
die Mobilisierung gegen Oesterreich bereits befohlen gewesen
und Sasonow Seine Majestät davon über-
zeugt hätte, dasses nicht mehr möglich sei,
zurückzuweichen, so könne Seine Majestät
leidernichts mehr ändern.') Ich sagte ihm (darauf, die
Schuld an den unabsehbaren Folgen trage die frühzeitige Mo-
bilisierung gegen das doch nur in einen lokalen Krieg mit Ser-
bien verwickelte Oesterreich-Ungarn, denn Deutschlands Ant-
wort darauf sei wohl klar, und die Verantwortung fiele auf
Russland, welches Oesterreich-Ungarns Zu-
sicherung, dassesterritorialeErwerbungen
in Serbien in keiner Weise beabsichtige,
ignorierthabe. Oesterreich-Ungarn habe gegen Serbien
und nicht gegen Russland mobilisiert, und zum sofortigen Ein-
greifen sei kein Grund für Russland. Ich fügte des weiteren
hinzu, dass man in Deutschland die Redensart Russlands: «Wir
können unsere Brüder in Serbien nicht im Stiche lassen», nach
dem furchtbaren Verbrechen von Serajewo nicht mehr ver-
stehe. Ich sagte ihm schliesslich, er möge, wenn
Deutschlands Streitmacht mobilisiert werde,
sichnicht wundern.
Der Deutsche Kaiser an den Kaiser von Russland.
Weissbuch, Anlage 23.
Mein Botschafter ist angewiesen, Deine Regierung aui
die Gefahren und schweren Konsequenzen
einer Mobilisationhinzuweisen; das gleiche habe
ich Dir in meinem letzten Telegramm gesagt. Oesterreich-Un-
garn hat nur gegen Serbien mobilisiert, und zwar nur einen
Teil seiner Armee. Wenn Russland, wie es jetzt nach Deiner
und Deiner Regierung Mitteilung der Fall ist, gegen Oester-
reich-Ungarn mobil macht, so wird die Vermittler-
rolle, mit der Du mich in freundschaftlicher Weise betrau-
test und die ich auf Deine ausdrückliche Bitte angenommen
habe, gefährdet, wenn nicht unmöglich ge-
Wb. Anl. 18. ') Wenn es nach den vorhergehenden Telegram-
men noch eines Beweises bedürfte, wie sehr Sasonow persönlich an
der Zuspitzung der Krisis beteiligt ist, so wäre dieser ‚Beweis in
diesem Ausspruch des Fürsten Trubetzkoi gegeben, aus dem hervor-
geht, dass Sasonow mit seinem grossen Einfluss die günstige Wir-
kung, die des Deutschen Kaisers Telegramme beim Zaren hervorriefen,
bekämpfte.
Kaiser Wil-
helm dringt in
den Zaren, von
einer weitern
Mobilmachung
abzusehen.