Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

30. Juli 271 
  
  
  
Bezüglich des ersteren Punktes hatte ich Euer Exzellenz 
bereits telegraphisch freigestellt, auch weiterhin seitens Herrn 
Sasonows etwa gewünschte Erläuterungen bezüglich der Note 
— welche übrigens durch den Kriegsausbruch überholt er- 
scheint — zu geben. Es könne sich diesallerdings 
nurim Rahmen nachträglicher Aufklärungen 
bewegen, da es niemals in unserer Absicht 
eelegen war,vondenPunktender Noteetwas 
abhandelnzulassen. Auch hätte ich Euer Exzellenz er- 
mächtigt, unsere speziellen Beziehungen zu Russland mit 
Herrn Sasonow freundschaftlich zu besprechen. 
Dass Merr Sasonow: sich darüber beklagen konnte, es 
hätte kein Gedankenaustausch zwischen Herrn Schebeko und 
mir stattgefunden, mussaufeinemIrrtumberuhen, 
da wir — Herr Schebeko und ich — vor zwei Tagen die ak- 
tuellen Fragen durchgesprochen hatten, was mir der Herr Bot- 
schafter mit dem Bemerken bestätigte, erhabeHerrnSa- 
sonowinausführlicher Weise über diese Un- 
terredungreferiert.) 
Herr Schebeko führte dann aus, warum man in St. Pe- 
tersburg unser Vorgehen gegen Serbien mit solcher Besorgnis 
betrachte. Wir seien eine Grossmacht, die gegen den kleinen 
serbischen Staat vorgehe, ohne dass man in St. Petersburg 
etwas darüber wisse, was wir mit demselben beabsichtigten, 
ob wir dessen Souveränität tangieren, ihn ganz niederwerfen 
oder gar zertreten wollten. Durch historische und andere 
Bande mit Russland verbunden, könne letzterem das weitere 
Schicksal Serbiens nicht gleichgültig sein. Man habe in St. 
Petersburg sich angelegen sein lassen, mit allem Nachdruck 
auf Belgrad einzuwirken, dass es alle unsere Forderungen er- 
fülle, allerdings zu einer Zeit, wo man noch nicht wissen 
konnte, was für Forderungen wir nachmals gestellt.”) Aber 
selbst bezüglich dieser Forderungen würde man alles ein- 
setzen, um wenigstens das Mögliche durchzubringen. 
Ich erinnerte den Herrn Botschafter daran, dass wir 
wiederholt betont hätten, wir wollten keine Eroberunespolitik 
in Serbien treiben, auchdessen SouveräÄnitätnicht 
antasten, bloss einen Zustand herstellen, der uns Sicher- 
heit biete gegen Beunruhigung seitens Serbiens. Hieran knüpfte 
Rb. Nr. 50. ') Der Bericht Schebekos im Ob. Nr. 45 kann nicht 
als ausführlich bezeichnet werden. 
) Man vergleiche mit dieser Behauptung Schebekos die 
Oesterreich- Ungarn feindliche und Serbien ermutigende Haltung 
Sasonows vor Ueberreichung der Note, wie sie aus den vom 
29. Juni bis 21. Juli abgedruckten Stücken ersichtlich ist. 
Er wiederholt, 
ersei zu diesen 
Verhand- 
lungen bereit, 
könne jedoch 
nicht die Note 
an Serbien 
ändern. 
Berchtold ga- 
rantiert von 
Neuen Ser- 
biens Integri- 
tät und Sou- 
veränität.
	        
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