Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

31. Juli 289 
  
Der englische Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey, 
  
an den englischen Botschafter in Berlin, Sir E. Goschen. 
Blaubuch Nr. 111. 
  
London. 
Ich hoffe, dass die ietzt zwischen Oesterreich-Ungarn 
und Russland stattfindenden Unterredungen zu cinem beirie- 
digenden Ergebnisse führen. Den Stein des Anstosses bildete 
bisher das Misstrauen Oesterreich-Ungarns in Bezug aui 
Serbiens Beteuerungen und Russlands Misstrauen gegen die 
Absichten Oesterreich-Ungarns betrefis Serbiens Integrität und 
Unabhängigkeit. Der Gedanke ist mir gekommen, dass im 
Talle, wo dieses Misstrauen Wien und Petersburg an einer 
Lösung hindert, Deutschland, Wien und Petersburg sondieren 
könnte, um zu erfahren, ob es für die vier unbeteiligten 
Mächte möglich wäre, Oesterreich das Anerbieten zu machen, 
ihm zu garantieren, dass es volle Genugtuung in seinen 
Forderungen an Serbien erhalte, vorausgesetzt, dass es wee- 
der die serbische Souveränität noch die Integrität des serbi- 
schen Gebietes antaste. Wie Eure Exzellenz wissen, hat 
Oesterreich bereits die Absicht ausgesprochen, sie zu respek- 
tieren. Russland könnte von den vier Mächten verständigt 
werden, dass sie verhindern würden, dass Oesterreichs For- 
derungen auf die Souveränität und die serbische Integrität 
übergreifen. Natürlich müssten die Mächte die militärischen 
Operationen und Vorbereitungen einstellen. 
Befragen Sie den Staatssekretär über diesen Vorschlag.') 
Heute morgen sagte ich dem deutschen Botschafter, dass, 
wenn Deutschland irgend einen vernünftigen Vorschlag 
machen könne, aus welchem zu ersehen wäre, dass Deutsch- 
land und Oesterreich danach strebten, den Frieden Europas 
zu wahren, und dass ein Verweigern Russlands und Frank- 
reichs, den unterbreiteten Vorschlag anzunehmen, unvernünf- 
tig wäre, ich eine solche Anregung in Paris und St. Petersburg 
unterstützen und sogar erklären würde, dass, wenn Russland 
und Frankreich ihn nicht annehmen, die Regierung Seiner Ma- 
jestät mit den entstehenden Folgen nichts zu tun haben würde; 
anderseits sagte ich dem deutschen Botschafter dann noch, 
Blb.Nr. I1t. ') Es handelte sich dabei, wie man sieht, um gar 
keinen neuen Vorschlag, sondern um eine Präzisierung des letzten 
Grepyschen Vorschlags. Man fragt sich, was Grep mit diesem immer 
wieder erneuten Aufstellen von Vorschlägen, deren Ergebnis er nicht 
abwartete, bezweckte; diese Frage ist umso berechtigter, als Grey 
niemals, wenn diese Vorschläge von Russland umgeworfen wurden, 
den geringsten Protest verlauten liess. 
Grey präzisiert 
Deutschland 
gegenüber sei- 
nen letzten 
Vorschlag. 
Grey ver- 
spricht, Frank- 
reich und Russ- 
land die Ge- 
folgschaft zu 
kündigen, 
wenn sie sich 
intransigent 
verhalten.
	        
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