300 31. Juli
unter denen es uns den Beistand geben würde, aui den
Frankreich zählte.?)
Sir Edward Grey antwortete mir, dass die Meinung
des Kabinetts sich nur im Hinblick auf die gegenwärtige Lage
gebildet habe, dass diese Lage sich verändern
könnte und dass in diesem Falle man sofort
den Ministerrat zur Beratung rufen würde.
Sir A. Nicolson, den ich beim Verlassen des Kabinetts
des Staatssekretärs sprach, sagte mir, dass der Rat mor-
gen von neuem zusammentreten würde und gab mir ver-
traulich zu verstehen, dass der Staatssekretär der auswär-
tigen Angelegenheiten nicht verfehlen würde, die
Diskussion wieder aufzunehmen.)
Ihren Instruktionen entsprechend, habe ich das Nötige
getan, damit das Handschreiben, dasder Nerr Präsident
der Republik an Seine Maiestät den König von
England richtete, heute abend dem König überreicht werde.
Diese Demarche, die sicherlich dem Ministerpräsidenten mor-
gen früh bereits mitgeteilt wird, wird, daran zweifle ich nicht,
von dem englischen Kabinett ernsthaft in
Betracht gezogen werden.‘)
Gib. Nr. 110. ?) Die Formel, «auf die Frankreich zählte», gehört
zu den halben Andeutungen in den französisch-englischen Verhand-
lungen, die auf tatsächlich bestehende Bündnisabmachungen zwischen
England und Frankreich hinweisen.
®) Grep berichtet in ähnlicher Weise, Bib. 119, über dieses Ge-
spräch, doch erwähnt er noch ein Telegramm Jules Cambons, das
Paul Cambon Sir Arthur Nicolson unterbreitete und in dem sich der
französische Botschafter in Berlin darüber beklagt, dass die Ungewiss-
heit über Englands Eingreifen in Berlin als aufmunterndes Element
gewirkt habe (ein solches Telegramm ist im Gib. nicht enthalten).
Grep weist diesen Vorwurf mit der bezeichnenden Erklärung zurück,
dass er Deutschland klipp und klar erklärt habe, England werde an
Frankreichs und Russlands Seite kämpfen. — Ein zweiter Punkt, der
gleichfalls in Paul Cambons Bericht vernachlässigt wurde, bezieht
sich auf Greps Erklärung, dass weitere Entwicklungen abgewartet
werden müssten, ehe England entgiltig seine Hilfe zusagen könne.
Als diese weitere Entwicklung bezeichnet er mit aller wünschenswerten
Klarheit die Frage der belgischen Neutralität, die <kein entschei-
dender, aber ein wichtiger Faktor für die Haltung»
Englands werden könne. — Die Wendung «kein entscheidender >» ist
besonders interessant.
*) Dieser Brief wurde mehrere Monate nach Kriegsausbruch von
der Agence Havas mit dem ausdrücklichen Bemerken verbreitet, er sei
ein neuer Beweis für die Friedensbemühungen Poincares. Als solcher
wirkt das Schriftstück jedoch keineswegs. Aus den obigen Ausführungen
Paul Cambons aber ist ohne jeden Zweifel ersichtlich dass es eine
derartige Wirkung auch gar nicht bezweckte. Es wird hier
geradezu als eine besonders wirksame Beeinflussung Englands, am
Kriege teilzunehmen, charakterisiert.