Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

3. August 359 
  
greifen, um meine Rückkehr nach Deutschland mit dem Per- 
sonal der Botschaft, dem Personal der Bayrischen Gesandt- 
schaft und des Deutschen Generalkonsulates in Paris zu 
sichern. 
Empfangen Sie, Herr Präsident, den Ausdruck meiner 
Hochachtung. 
Gib. Nr. 147. ') Dieses Schreiben stellt die förmliche Kriegs- 
erklärung des Deutschen Reiches an Frankreich dar. Ministerpräsident 
Viviani wollte in seiner Rede vom 4. August in der Deputiertenkammer 
den Ausbruch des Krieges neben der deutschen «Aggression» auf dieses 
Schreiben, dessen Berechtigung er bestreitet, zurückführen. In seiner 
Schrift «La violation de la neutralit& beige et luxembourgeoise par 
l’Allemagne>, erschienen bei Armand Collin, Paris 1915, sagt der 
Pariser Professor des internationalen Rechts, Andre Weiss, bei Be- 
sprechung dieses Briefes, dass selbst, wenn die darin enthaltenen 
«ungenauen Behauptungen» berechtigt gewesen wären, sie keinerlei 
Bedeutung gehabt hätten, nicht mehr als etwa die Landung deutscher 
Flieger in Frankreich in den letzten Jahren vor dem Kriege, da ja am 
3. August der Kriegszustand zwischen Frankreich und Deutschland 
noch nicht bestand. «In Friedenszeiten» schreibt Weiss — und 
lässt die vorstehenden Worte sperren, «haben Zwischenfälle dieser 
Art keine andere Bedeutung als die, welche die interessierten Teile 
ihnen geben wollen, und die Diplomatie ist dazu da, um zu verhindern, 
dass sie in einen Konflikt ausarten.» Prof. Weiss vergisst hier (und 
weiss es auch zum Teile nicht), dass von «Friedenszeiten» nicht mehr 
die Rede sein konnte. Seit dem 1. August befanden sich Deutschland 
und Russland miteinander im Kriegszustande. Frankreich hatte die 
allgemeine Mobilmachung anbefohlen und die deutsche Frage, ob es 
in dem deutsch-russischen Kriege neutral bleiben wolle, verneinend 
beantwortet. Das bedeutete klipp und klar den Krieg und zwar den 
von Frankreich gewollten Krieg. Dass Deutschland nicht sofort die 
Konsequenzen daraus zog, lag nur daran, — was im Gib. und in allen 
französischen Veröffentlichungen dem französischen Volke beharrlich 
verschwiegen wurde, — dass Deutschland in letzter Stunde an eine fran- 
zösische Sinnesänderung glauben musste infolge der Greyschen An- 
regung, England würde gegebenenfalls die französische Neutralität 
gewährleisten. Als Deutschland sofort auf diese Möglichkeit einer 
Vermeidung des deutsch-französischen Krieges einging, erfolgte die 
englische Antwort, dass die Anregungen «ohne vorherige Stellung- 
nahme Frankreichs» erfolgt und «inzwischen als völlig aussichtsios 
aufgegeben waren. Damit war also festgestellt, dass trotz der er- 
neuten Bereitwilligkeit Deutschlands keinerlei Sinnesänderung in Frank- 
reich eingetreten und jeder Versuch, die Franzosen zu einer andern 
Haltung zu veranlassen, «aussichtsios» war. Damit war der Kriegszustand 
zwischen Frankreich und Deutschland gegeben, dem die deutsche Re- 
gierung in der Demarche des Freiherrn von Schön einfach den offi- 
ziellen Ausdruck verlieh.
	        
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