360 4. August
gisches Gebiet aneignen wird.') Die Aufrichtigkeit dieser Er-
klärung ist durch die Tatsache bewiesen, dass wir Holland
unser feierliches Versprechen gaben, seine Neutralität aufs
strengste zu achten. Es ist augenscheinlich, dass wir uns nicht
belgisches Gebiet aneignen könnten, ohne uns zugleich aui
Kosten der Niederlande zu vergrössern. Stellen Sie Sir Ed-
ward Grey eindringlichst vor, dass das deutsche Volk einem
durch belgisches Gebiet gerichteten französischen Angriff, wie
er nach unwiderlegbaren Beweisen beabsichtigt war, nicht
ausgesetzt werden kann. Deutschland muss infolgedessen die
belgische Neutralität ausser acht lassen, da es für Deutsch-
land eine Frage auf Leben und Tod ist, Frankreichs Vorsprung
zu verhindern.
Der englische Staatssekretär des Aeusseren, Sir Edward Grey,
an den englischen Botschafter in Berlin, Sir E. Goschen.
Blaubuch Nr. 159.
London.
England_rich- Wir erfahren, dass Deutschland an den belgischen Mi-
tet ein Ultima- . . .
tum an nister des Aeusseren eine Note des Inhalts gerichtet hat, dass
Deutschland.
sich die Reichsregierung gezwungen sehen könnte, wenn nötig
Blb. Nr. 157. °) Damit nimmt also Deutschland die Drohung
in seiner Note an Belgien, im Falle eines belgischen Widerstandes die
Waffen über das Schicksal Belgiens entscheiden zu lassen, feierlich
zurück. Am gleichen Tage erklärte der deutsche Reichskanzler von
Bethmann Hollweg im Reichstage : «Unsere Truppen haben Luxemburg
besetzt, vielleicht schon belgisches Gebiet betreten. Meine Herren, das
widerspricht den Geboten des Völkerrechts. Die französische Regie-
rung hat zwar in Brüssel erklärt, die Neutralität Belgiens respektieren
zu wollen, solange der Gegner sie respektiert. Wir wussten aber, dass
Frankreich zum Einfall bereit stand. Frankreich konnte warten, wir
aber nicht! Ein französischer Einfall in unsere Flanke am unteren
Rhein hätte verhängnisvoll werden können. So waren wir gezwungen,
uns über den berechtigten Protest der Iuxemburgischen und der bel-
gischen Regierung hinwegzusetzen. Das Unrecht — ich spreche
offen — das Unrecht, das wir damit tun, werden wir wie-
der gutzumachen suchen, sobald unser militärisches
Ziel erreicht ist. Was die Haltung Englands betrifft, so haben
die Erklärungen, die Sir Edward Grey gestern im englischen Unter-
haus abgegeben hat, den Standpunkt klargestellt, den die englische
Regierung einnimmt. Wir haben der englischen Regierung die Erklä-
rung abgegeben, dass, solange sich England neutral verhält, unsere
Flotte die Nordküste Frankreichs nicht angreifen wird, und dass wir
die territoriale Integrität und die Unabhängigkeit Belgiens nicht an-
tasten werden. Diese Erklärung wiederhole ich hiermit
vor aller Welt und ich kann hinzusetzen, dass, solange Eng-
land neutral bleibt, wir auch bereit wären, im Falle der Gegen-
seitigkeit keine feindlichen Operationen gegen die französische Han-
delsschiffahrt vorzunehmen.»