Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

Aktenstücken selbst fussen, sondern von Prämissen ausgehen, 
für die der diplomatische Schriftwechsel der englischen Re- 
gierung keinerlei ernsthafte Handhabe bietet. Man wird 
daher auch verstehen, dass die englische Regierung die 
Wirkung wichtiger Stücke durch nachträgliche Aktenstücke 
abzuschwächen suchte und am Schlusse des Blaubuches 
selbst, als Erreger des letzten und dauerhaftesten Ein- 
druckes, die beiden nicht natürlich aus dem Verlaufe der 
Krisis erwachsenen, sondern erst nach Kriegsausbruch in 
England angefertigten Sammelberichte der Botschafter in 
Wien und Berlin anfügt. Es soll hier nicht dem wesentlichen 
Teil dieses Buches, der Sammlung der Dokumente selbst, 
vorgegriffen und das unbefangene Urteil des vorurteilslosen 
Lesers bestochen werden. Es muss daher an dieser Stelle 
darauf verzichtet werden, auf die Widersprüche innerhalb 
des Blaubuches einzugehen. Wir müssen aber wegen der 
grossen Wichtigkeit, die die englische Politik den letzten 
beiden Botschafterberichten beimisst, die in unserer Zusam- 
menstellung als nach der Krisis entstanden, keinen Platz bean- 
spruchen können, ihnen an dieser Stelle einige Worte gönnen. 
Der eine, datiert vom 8. August 1914 aus London, rührt 
von dem früheren englischen Botschafter in Berlin her. Er 
berichtet über die Unterhaltungen, die Sir E. Goschen am 
4. August mit dem deutschen Staatssekretär am Auswärtigen 
Amt und dem Reichskanzler hatte, d. h. über die Ableh- 
rung des englischen Ultimatums an Deutschland. Er enthält 
die zur offiziellen englischen These gewordene Darlegung, 
dass der Krieg zwischen Deutschland und England wegen 
der Verletzung der belgischen Neutralität entstand. Er ent- 
hält die Elemente der späteren moralischen Entrüstung, die 
die englische Regierung gegen das Deutsche Reich zu ent- 
fesseln suchte. Er wurde das bekannteste und verbreitetste 
Stück des Blaubuches und leistete den Liebhabern einfacher 
und billiger Schlagworte treffliche Dienste, indem er den 
deutschen Reichskanzler in völliger Verschiebung der Situa- 
tion in der Pose des zpnischen Vertragsbrechers, für den 
ein Vertrag nur ein « Fetzen Papier » ist, geschickt und grell 
beleuchtet darstellte. Die Lektüre der wirklich aus der Krisis er- 
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