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sondern wartete, bis die Verletzung der belgischen Neutra-
lität ein fait accompli geworden war, um anstelle von diplo-
matischen Verhandlungen über die Achtung der belgischen.
Neutralität, die Deutschland selbst wiederholt angeregt hatte, der:
deutschen Regierung ein Ultimatum zu stellen, das unbedingt
den längst von England gewünschten Krieg mit Deutschland.
zur Folge haben musste und ohne Weiteres die Hoffnung
Belgiens auf Englands vermittelnde Politik zerstörte und:
das kleine Land rettungslos in den Strudel zog.
England selbst tat nichts für die Erhaltung des Frie-
dens. Es trat von Beginn an als Mitglied des Dreiverbandes
auf, während es Deutschland gegenüber noch lange die Rolle
des Unparteiischen spielte. Es begnügte sich mit sehr klugen
und klaren Prophezeiungen in St. Petersburg über die Ge-
fahr, die Russland heraufbeschwöre, tat aber nichts, um.
Russland an den gekennzeichneten gefährlichen Schritten.
zu verhindern.'!) In Belgrad ordnete es sich der russischen:
Politik unter.?) In Frankreich sprach es kein einziges Wort
der Mässigung. Dagegen quälte es Berlin und Wien unauf-
hörlich mit seinen Friedenswünschen. Es lancierte den Kon-
ferenzvorschlag französischen Ursprunges, der nichts anderes
als eine Aufhebung des Lokalisationsprinzipes bezweckte
und der nicht nur von Deutschland, sondern auch von Russland
als inopportun bezeichnet wurde, mit dessen Ablehnung die
Dreiverbandsdiplomatie als sicher gerechnet hatte und mit
dessen Zurückstellung England selbst einverstanden war. °) Es
stand theoretisch schliesslich, nachdem Deutschland und
Oesterreich England in allen Punkten nachgegeben hatten,
auf demselben Standpunkt wie Deutschland und Oesterreich,
liess aber Russland ruhig eine Politik verfolgen, die dieser
Auffassung zuwiderlief.*) Es erkannte die Unannehmbarkeit
der russischen Formel an, verlangte ihre Abänderung, und
liess es sich dann gefallen, dass Russland sie verschärfte.
Es liess endlich Russlands allgemeine Mobilmachung zu,
') Gib. Nr. 22, Bib. Nr. 10, 17, 24, 44, Rb. Nr. 41, Bib. Nr. 72,
113, 114, 135. .
») Bib. Nr. 12,
») Bib. Nr. 10, Gib. Nr. 32, 76, Bib. Nr. 40, 67, 68.
4) Bib. 77, 103, 111, 135.