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ebensowenig auf dem vorangehenden Aktenmaterial wie die
erwähnten Berichte Goschens und Bunsens. Und wenn der
Widerspruch hier minder gross erscheint, so liegt das nur
daran, dass das vorangehende russische Aktenmaterial eben
weniger reichhaltig ist als das englische.
Im November 1914 erschien ein französisches Gelb-
buch, nachdem seit Kriegsausbruch die französische Oeffent-
lichkeit über keinerlei dokumentarisches Material verfügt
hatte. Während in Deutschland, England und Russland‘
den offiziellen patriotischen Manifesten frühzeitig amt-
liche dokumentarische Veröffentlichungen zu Hilfe kamen,
musste das französische Volk sich mit der Kammerrede des
Ministerpräsidenten, dem Manifest des Präsidenten der Re-
publik und den inspirierten Zeitungsartikeln begnügen. Man
sah daher begreiflicherweise der Veröffentlichung des Gelb-
buches überall mit grösster Spannung entgegen. Man er-
wartete wertvolle Enthüllungen und Ergänzungen zu dem
bisher von den andern Regierungen veröffentlichten Material.
Aeusserlich stellte sich das Gelbbuch in der Tat als
die umfangreichste und vollständigste Sammlung dar. Rein
technisch genommen machte es einen vorzüglichen Eindruck.
Der Titel lautete: «Ministerium des Aeusseren. — Diplo-
matische Dokumente. — 1914. — Der europäische Krieg.
l. Aktenstücke zu den der deutschen Kriegserklärung an
Russland (1. August 1914) und an Frankreich (3. August
1914) vorangehenden Verhandlungen. — Erklärung vom
4. September 1914.» Es enthält 160 Stücke und einen Anhang
mit ausgewählten Akten des Blaubuchs, des Weissbuchs
— den Telegrammwechsel zwischen dem Deutschen Kaiser
und dem Kaiser von Russland mit einer willkürlichen Aen-
derung in der Reihenfolge —, des Orange- und des Grau-
buchs.
Diese Auswahl ist natürlich rein tendenziös und ohne
jegliche Bedeutung. Leider enttäuschten aber auch die Ori-
ginalakten der französischen Regierung. Die stattliche Zahl
160 muss in der Tat zunächst durch Abzug der Stücke
158 und 159 beschnitten werden, die nach dem Kriegsaus-
bruch entstanden, d.h. die Botschaft des Präsidenten Poin-