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buch nur einen « Beweis>: die Aeusserung des französischen
Gesandten in München, Alize, dass Graf von Hertling,
der bayrische Ministerpräsident ihm erklärt habe, von der
Note vor der Ueberreichung Kenntnis genommen zu haben.
Sogleich nach Bekanntwerden des Gelbbuches gab nun
Graf von Hertling bekannt, dass diese Behauptung des
französischen Diplomaten eine Erfindung sei...')
Es soll hier gar nicht besonders betont werden, dass
die wiederholte feierliche Erklärung der deutschen Regie-
rung, sie habe von der Note keine vorherige Kenntnis er-
halten, auch für die Feinde Deutschlands glaubwürdig sein
durfte. Aber selbst wenn die Versicherungen des Reichs-
kanzlers und des Staatssekretärs am Auswärtigen Amte, der
deutschen Botschafter in den europäischen Hauptstädten
usw. nichts als ein abgekartetes Spiel gewesen sind, ja, ge-
rade in diesem Falle, ist es doch undenkbar, dass der bay-
rische Ministerpräsident eine der Abmachung derart zu-
widerlaufende Aeusserung getan haben könnte! Und die
selbst in diesem Falle unglaubiiche Aeusserung Hertlings
bietet doch wiederum den einzigen Anhaltspunkt für die
Annahme, dass die Versicherung der anderen deutschen
Staatsmänner nicht der Wahrheit entsprochen habe. Das
Dementi des Grafen Hertling ist also entschieden glaub-
würdiger als die Behauptung des Gelbbuches. Dieses Bei-
spiel mag hier genügen. Es wird an Hand einzelner Doku-
mente Gelegenheit sein, den sachlichen Nachweis zu führen,
dass eine grosse Anzahl der im Gelbbuch gebrachten Infor-
mationen falsch ist und eine grosse Anzahl der dort auf-
gestellten Behauptungen in sich zusammenfällt.
Betrachten wir die Akten des Gelbbuches nun aber,
ohne weitere Einzelfälle herauszugreifen, und nach Abzug der
sechs einleitenden und der beiden vorletzten Akten, so bleiben
noch 152 Stücke der Betrachtung vorbehalten. Von diesen
bringt das letzte die Erklärung des Dreiverbandes vom
4. September, in der sich die drei Regierungen zu gemein-
samem Friedensschluss verpflichten. Es gehört also auch nicht
in den Zusammenhang der Verhandlungen vor Kriegsaus-
') Bayrische Staatszeitung. 13. Dezember 1914.