— 0 —
hinken. Wirklicher eigener Antrieb, wirkliche Energie spricht
nur aus jenen Stücken des Gelbbuches, die sich auf die fran-
zösisch-englischen Verhandlungen beziehen, auf Verhand-
lungen, die nicht der Erhaltung des europäischen Friedens
galten, sondern die englische Hilfe im Falle eines deutsch-
russischen und deutsch-französischen Krieges und vorher
noch die volle diplomatische Unterstützung Russlands durch
England sichern wollten. Diese Stücke erweitern die im
Blaubuch enthaltenen Dokumente in wesentlicher Weise. Sie
enthüllen manche seltsame Lücke der englischen Veröffent-
lichung.
Der Eindruck, den das Gelbbuch im allgemeinen macht,
lässt sich etwa folgendermassen festhalten: Während es einer-
seits sehr beträchtliche, sehr bedenkliche Lücken aufweist,
die durch die Belege aus den Veröffentlichungen der an-
deren Regierungen und namentlich der anderen Dreiverbands-
regierungen erhellen, gibt es andererseits des Guten zu viel.
Eine tendenziöse Einteilung in 7 Kapitel, die Einreihung
« geheimer» Berichte aus den Vorjahren, die Einfügung
von Anlagen aus ungenannter und unbekannter Feder oder
auf Grund «sicherer» Quellen, die unkontrollierbar sind,
Stücke, die nichts über den Gang der Krisis vom Juli bis
August 1914 oder vorhergehender Krisen zu sagen haben,
sondern nur journalistisch-polemisch gehaltene Stimmungs-
bilder und Betrachtungen über Deutschlands Kriegsabsichten
sind, all dies schadet der Beweiskraft und dem Ernst dieser
diplomatischen Veröffentlichung ausserordentlich. Diese nicht
immer geschickt aufgesetzten Schriftstücke müssen mehr
noch als alle anderen Dokumente auf Treu und Glauben
hingenommen werden. Ihre Behauptungen wollen apodiktisch
sein. Jede Regierung hätte ähnliche Schriftstücke in ihre Ver-
öffentlichungen einschieben Können. Nur die französische
Regierung wandte diese Methode an. Aber nicht nur ın
ihnen, auch in den Telegrammen der Botschafter und Ge-
sandten, in erster Linie aber den zusammenfassenden Noten
des Quai d’Orsay über die allgemeine Lage, herrscht ein
stark subjektiver Ton vor. Alle diese Diplomaten geben
ihre persönlichen Ansichten weiter. Und diese persönlichen