Full text: Das Regenbogen-Buch - Die europäischen Kriegsverhandlungen.

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für Deutschland und Oesterreich-Ungarn dieselbe. Was man 
füglich von einer österreichisch-ungarischen Veröffentlichung 
noch erwarten durfte, war ohnehin nur eine Ergänzung der 
deutschen Akten mit Hilfe österreichisch-ungarischen Materials. 
Diese Erwartungen erfüllte das Rotbuch vollauf. Wer 
sich sein spätes Erscheinen zunächst mit einem schlechten 
Gewissen der österreichisch-ungarischen Regierung erklärt 
hatte, musste angesichts des nunmehr vorliegenden Akten- 
materials derartige Vermutungen von sich weisen. Die 
69 Stücke des Rotbuches stellen natürlich auch nur einen 
Auszug aus dem vorhandenen Dokumentenschatz dar. Aber 
sie bilden zum Teil sehr ausführliche und inhaltsreiche Dar- 
legungen — das der serbischen Propaganda gewidmete 
Dossier zählt über 50 Seiten! — und entrollen ein geschlos- 
senes und klares Bild der Krisis, so wie sie sich aus der 
österreichisch -ungarischen Perspektive ausnehmen musste. 
Naturgemäss bildet den eigentlichen Gegenstand der Akten 
erstens der österreichisch-serbische und zweitens der öster- 
reichisch-russische Streitfall. Ueber diese beiden wichtigen 
Phasen der Krisis aber brachte das Rotbuch Enthüllungen, 
die für die lange Wartezeit reichlich entschädigen. 
Es beginnt, wie gesagt, mit dem 29. Juni, d. h. dem 
Tage nach der Ermordung des Erzherzog-Thronfolgers und 
seiner Gemahlin in Serajewo. Eine ganze Anzahl von Be- 
richten aus Belgrad und anderen serbischen Städten beschäf- 
tigt sich mit den Freudenausbrüchen, die durch die Schreckens- 
tat in dem Königreiche hervorgerufen wurden, und zeigt, wie 
eine solche Haltung Serbiens in den massgebenden Kreisen 
der Monarchie verstimmen und einen Schritt gegen Serbien 
als unerlässlich erscheinen lassen musste. Es gestattet einen 
Einblick in die zahlreichen Versuche der österreichisch-un- 
garischen Regierung, dem einmal als notwendig erkannten 
Schritt jede unnötige Schärfe und Härte und vor allem jede 
Spitze gegen Russland zu nehmen. Die Bemühungen, Russ- 
land zu beruhigen, ihm alle denkbaren Garantien für die 
Zukunft Serbiens und für die Beihaltung des Balkanstatuts 
zu bieten, ihm überzeugend den Wunsch Oesterreich-Un- 
garns, keine russischen Interessen zu verletzen, darzulegen,
	        
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