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Dreiverbandes zu entziehen und ihm die Schrecken des Krieges
zuersparen wünschte, nicht anders sprechen alsersprach. Aus-
serdem gilt für seine Erklärungen über Belgien was von seinen
Darlegungen über Frankreich und England gesagt werden
musste: Offiziell bestand noch kein Kriegszustand zwischen
England und Deutschland. Ohne England anzuklagen konnte
aber der Reichskanzler nicht Belgien seine einseitige Hal-
tung vorwerfen. Er konnte seine offene Meinung über Bel-
giens Politik erst nach Ausbruch des Krieges mit England,
nach der endgiltigen Ablehnung der deutschen Versöhnungs-
bemühungen durch Belgien, nach Auffindung des Brüsseler
Beweismaterials in seiner zweiten Reichstagsrede am 2. De-
zember 1914 aussprechen, in der keinerlei diplomatische
Rücksicht ihn mehr hinderte, Belgien und England des Ein-
verständnisses zu beschuldigen.
Die Frage, ob Belgien tatsächlich die proklamierte
Neutralität auch einem anderen Staate als Deutschland
gegenüber aufrechterhalten hätte, die Frage, ob irgend-
welche belgisch-englischen Verhandlungen nachträglich
Deutschlands Vorgehen gerechtfertigt erscheinen lassen,
wird also durch die Reichstagsrede vom 4. August nicht
berührt. Ebensowenig brauchte das Graubuch hierüber Auf-
schluss zu geben, nachdem bei Ausbruch des deutsch-bel-
gischen Krieges Deutschland sein Vorgehen keineswegs mit
irgendwelcher Verschuldung Belgiens begründete, sondern
mit von Belgiens Haltung unabhängigen, aus der bevorste-
henden europäischen Kriegslage gegebenen Motiven. Nur
die Frage der belgischen Neutralität als deutsch-belgische
Angelegenheit ist im Graubuch dargelegt. Für uns haben die
belgischen Akten aber nur insofern Interesse, als sie Material
zu den Kriegsverhandlungen bieten, da die ganze Frage der
belgischen Neutralität — wir haben darauf bereits hinge-
wiesen — für die Vorgeschichte des Weltkrieges nur inso-
fern in Betracht kommt, als sie eine Rolle in den Verhand-
lungen zwischen den Grossmächten spielte.
Die wichtigsten Akten hierüber enthält nicht das Grau-
buch, sondern das englische Blaubuch. Immerhin erteilt auch
das Graubuch in einigen bedeutsamen Schriftstücken Antwort